Der "Jahrhundertsänger" Dietrich Fischer-Dieskau
mit 87 Jahren verstorben




Dietrich Fischer-Dieskau (Macbeth) - Grace Bumbry (Lady Macbeth)

Der als "Jahrhundertsänger" bezeichnete Bariton Dietrich Fischer-Dieskau ist tot. Fischer-Dieskau starb kurz vor seinem 87. Geburtstag in Berg am Starnberger See. Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) würdigte Fischer-Dieskau als "Jahrhunderterscheinung", die Bayerische Staatsoper bezeichnete ihn als prägend für die heutige Kunst des Singens.

Fischer-Dieskau kam am 28. Mai 1925 in Berlin zur Welt. Nachdem seine früh entdeckte musikalische Begabung durch den Zweiten Weltkrieg zunächst an ihrer Entfaltung gehindert wurde, begann er 1947 dann umso rasanter seine Sängerkarriere. Diese sollte insgesamt 45 Jahre andauern und ihn nach Einschätzung des Dirigenten Leonard Bernstein zum bedeutendsten Sänger des 20. Jahrhunderts machen.

Kulturstaatsminister Neumann erklärte, Fischer-Dieskau habe mit seinen Interpretationen des deutschen Liedes von Mozart über Schubert, Schumann und Brahms bis Richard Strauss Maßstäbe gesetzt. Unvergessen blieben seine Aufnahmen von Schuberts "Winterreise". "Mit seiner Stimme hat er mehr als ein halbes Jahrhundert lang unzählige Menschen in der ganzen Welt in hunderten von Konzerten und ungezählten Einspielungen tief berührt."

Unvergleichliche Stimme - "bis heute unerreicht"

Nach ersten Auftritten in Leipzig und Berlin erhielt Fischer-Dieskau bereits 1948 an der Städtischen Oper Berlin, der heutigen Deutschen Oper, ein Engagement als erster lyrischer Bariton. Die Deutsche Oper würdigte in einer Erklärung zum Tod ihres Ehrenmitglieds dessen "unvergleichliche Stimme, seine Präsenz und Ausstrahlung auf der Bühne und auf dem Konzertpodium". Diese seien "bis heute unerreicht geblieben und eingebrannt im Gedächtnis der Musikfreunde in aller Welt". Mit seiner Kunst hat Fischer-Dieskau "hohe Maßstäbe gesetzt für die kommende Sänger-Generation."

Fischer-Dieskau sang alle erdenklichen klassischen Rollen und erhielt rasch auch Gastspielverträge außerhalb Berlins. Früh trat er in Wien und München auf, dann auch bei Auslands-Gastspielen etwa an der Mailänder Scala, er sang bei den Bayreuther Wagner-Festspielen und in Salzburg, auch im Londoner Covent Garden und in der New Yorker Carnegie Hall. Die New York Times erklärte ihn zum "besten Liedsänger der Welt".

Der Intendant der Bayerischen Staatsoper, Nikolaus Bachler, erklärte, der Tod Fischer-Dieskaus sei "ein großer Verlust für die gesamte Musikwelt". Der Verstorbene habe durch seine Interpretationen im Liedgesang und in der Oper die Kunst des Singens entscheidend geprägt. "Der heutige Liedgesang wäre ohne die Prägung durch Dietrich Fischer-Dieskau nicht denkbar. Die Bayerische Staatsoper trauert um einen ihrer wichtigsten Künstler überhaupt."

Nach dem Karriereende ging es nahtlos weiter

1959 hatte die Staatsoper ihn zum Bayerischen Kammersänger ernannt. 1992 beendete Fischer-Dieskau am Silvesterabend mit einem Galakonzert im Münchner Nationaltheater seine Gesangkassiere. Danach arbeitete er noch weiter als Dirigent, Rezitator und Buchautor sowie als Dozent von Meisterklassen.

Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) würdigte den gebürtigen Berliner als "Künstler von Weltruhm, der in Bayern seine Heimat gefunden hat". Er sei der "ideale Interpret des deutschen Liedes" und eine "Jahrhunderterscheinung" gewesen. Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) erklärte, Fischer-Dieskau habe deutsche Musikgeschichte geschrieben.

Fischer-Dieskau hinterlässt seine vierte Ehefrau Julia Vardy sowie drei Söhne, die aus seiner ersten Ehe mit der 1963 verstorbenen Cellistin Irmgard Poppen stammen. Fischer-Dieskau war in zweiter Ehe von 1965 bis 1967 mit der Filmschauspielerin Ruth Leuwerik verheiratet.