Testo pubblicato con il consenso scritto della Direzione
della Dramaturgie che il curatore del sito ringrazia di cuore.


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Die Frage nach der szenischen Realisierbarkeit oratorischer Kompositionen Händels reicht bis in die Entstehungszeit dieser Werke zurück, die Diskussionen über das Für und Wider bis in unsere Zeit. Gehen die meisten seiner Oratorien auf Geschichten des Alten Testamentes zurück, so bildet «Il trionfo del tempo e del disinganno» auch hierin eine Ausnahme. Für Jürgen Flimm verbirgt sich hinter der barocken Bilderfülle, den biblischen Gleichnissen und Reflektionen eine handfeste Diskussion von umwerfender Aktualität. Die Standpunkte, die hier stellvertretend von den Allegorien Schönheit, Vergnügen, Enttäuschung und Zeit bezogen und mit hoher rhetorischer Kunst verteidigt werden, stehen mit jener Gleichberechtigung nebeneinander, die bei jeder Auseinandersetzung um die Sinn- und Seinsfragen des menschlischen Lebens letztendlich zu keiner befriedigenden Lösung führen. Die Antwort des Barock darauf war die Flucht in die Melancholie, wir nennen das heute Depression.
Die interessanteste Frage aber, die hier sozusagen unter dem Strich thematisiert wird, ist jene nach dem Sinn des Festhaltens an starren, einmal bezogenen Positionen, die keine Handlungsspielräume mehr zulassen und radikal darauf bestehen, die einzig mögliche Wahrheit zu repräsentieren. Bellezza steht im Mittelpunkt dieser Auseinandersetzung, sie gilt es zu bekehren. Mit raffinierter Psychologie führen die Autoren sie gleich zu Beginn als eine über ihre Vergänglichkeit nachdenkende Figur ein, womit sie sich von der Allegorie entfernt und mit ihren Zweifeln zugleich als dankbares Opfer für allfällige Manipulationen exponiert wird. Eine Situation entsteht, wie wir sie beispielsweise in jeder x-beliebigen Bar zu fortgeschrittener Stunde erleben können. Man hat einen schönen Abend vielleicht in einem Konzert verbracht, gut gegessen, dasein oder andere Glas Wein getrunken und unversehens weicht die Euphorie melancholischer Nachdenklichkeit. Von hier nimmt die Inszenierung ihren Ausgangspunkt, die in den späten vierziger Jahren des 20. Jahrhunderts angesiedelt ist, einer jener vielen Epochen, die nach Jahren der existentiellen Bedrohung neue Orientierung suchen, aber auch dem Amüsierbedürfnis vermehrt Rechnung tragen.