Thomas Mann - Bruno Walter - Hans Pfitzner Frankfurter Allgemeine Zeitung, 06.06.1994, Nr. 128, S. 9 |
Daß Thomas Mann mit Bruno Walter befreundet und 1916 für ihn eingetreten war, dürfte 1933 kaum eine Rolle gespielt haben. Von den Verzeichnungen des Artikels muß ich mich auf das über Hans Pfitzner Gesagte beschränken, den "eigentlichen Kopf der Thomas-Mann-Gegner". Eine solche Kennzeichnung ist genauso aus der Luft gegriffen wie der bereits 1922 kolportierte Verdacht, eine antisemitische Hetze gegen Walter sei von dem damaligen "Hans-Pfitzner-Verein für deutsche Tonkunst" ausgegangen. Die Absurdität dieser Unterstellung resultiert schon - wie Walter berichtet - aus der "Adresse, die mein Bleiben verlangte und von Namen des geistigen München wie Franz Stuck . . . und natürlich von Thomas Mann, Hans Pfitzner, Paul Nikolaus Coßmann und anderen unterzeichnet wurde". In Coßmanns "Süddeutschen Monatsheften" war der Artikel Walters erschienen, auf den sich Thomas Manns Verteidigung von 1916 bezog. Mitherausgeber dieser Zeitschrift, an der Seite seines jüdischen "Urfreundes" Coßmann, war zeitweise auch der mit Bruno Walter bereits seit gemeinsamen Berliner Jahren eng verbundene Pfitzner. Sicherlich wäre es 1933 geboten gewesen, zu diesem Zeitpunkt Thomas Mann nicht anzugreifen. Pfitzner ist, wohl als einziger der Unterzeichner, öffentlich noch einmal in der Frankfurter Zeitung (2. Juli 1933) auf die Sache zurückgekommen, sein ganzes Verhältnis zu dem Schriftsteller resümierend und in größter Achtung. Gegen Ende seines Artikels schreibt er: "Thomas Mann als bedeutender Künstler und auch rein menschlich wird sicherlich der großen Hochschätzung auch derer gewiß sein können, die seine Entgleisung - denn als solche empfinde ich sie auch - nicht mitmachen." Daß die Implikationen und Folgen des Protestes nicht mitbedacht wurden, bleibt tragisch. Professor Rolf Reuter, Präsident der Hans-Pfitzner-Gesellschaft, Berlin |