TILMAN SCHLÖMP

HINTER DER MASKE SINGT MAN
VON LIEBE UND FREIHEIT

Ein Beitrag zur ästhetischen und
politisch-kulturpolitischen Bedeutung von Malipieros


I CAPRICCI DI CALLOT


© CPO

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CPO per aver cortesemente concesso di pubblicare questo testo.
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So muß das Paradies aussehen: „Wunderbare Düfte und wunderbare Klänge der Vögel. Wenn er mich küßt, wachsen mir Flügel aus den Schultern, bunt wie Schmetterlingsflügel, und ich fliege, ich fliege mit ihm in den blauen Himmel hinein.“ Doch der Traum der Giacinta hat mit der Wirklichkeit nichts zu tun, nichts mit der des armen Schneidermädchens in der Oper, erst recht nichts mit der des faschistischen Italiens im zweiten Weltkrieg. Andere Flüge als den des Paradiesvogels hatten die Menschen in dieser Zeit zu bestehen - anschaulich dargestellt als einsamer Flug durch die menschenfressende Nacht in der Oper VOLO DI NOTTE (NACHTFLUG, 1937–39) des Malipieroschülers Luigi Dallapiccola. Dieser Flug endet tödlich. Aber Malipiero arbeitet anders. Bei ihm ist der Tod maskiert. Ein groteskes Etwas, die in eine Puppe verwandelte Prinzessin Mitilis, stirbt: sie wird fallengelassen und zerbricht in tausend Teile. Das Orchester zelebriert einen Trauermarsch - einen Trauermarsch wofür? Nicht für einen Menschen, sondern für eine zerbrochene Illusion, ausgelöst durch den Auftritt der als Prinzessin verkleideten Giacinta.
Diese Phantastik auf der Opernbühne geht zwar weniger unter die Haut als das grausam-futuristische Drama Dallapiccolas, trotzdem ist sie nicht völlig von der Realität gelöst. In Malipieros Augen ist sie das verzerrte Abbild einer rätselhaften Welt, denn die Wirklichkeit läßt sich ohnehin nicht abbilden - in Malipieros Formulierung: La realtà non esiste, „die Wirklichkeit existiert nicht“.
Eine Bedrohung durch den Faschismus hat der aus einer reichen venezianischen Adelsfamilie stammende Komponist, im Gegensatz zu vielen Künstlern der jüngeren Generation, zunächst nicht empfunden. Die Verfolgung von Kommunisten und die Internierung insbesondere ausländischer Juden, entwickelte sich nicht, wie im nationalsozialistischen Deutschland, zum bürokratisch geplanten Massenmord. Erst als anderthalb Jahre nach Vollendung der Oper I CAPRICCI DI CALLOT Italien von der Wehrmacht besetzt wurde und die Alliierten von Sizilien aus bis nach Neapel vorgedrungen waren, dürfte Malipiero nach längerem Zögern seinen Standpunkt neu bestimmt haben. „Die Musiker, die 1940 nicht direkt bedroht waren, rührten sich nicht, aber nach und nach kam es, daß sie sich eingesperrt fanden von den nahegekommenen hin und her wogenden Schlachtfeldern“, schrieb er später. In demselben Artikel nannte er (wohl erstmals) das Regime beim Namen: „Dreiundzwanzig Jahre sind vergangen seit dem Tag, da die Glocken der Gemeinden für den Sieg einer entstehenden Diktatur läuteten.“ Diese Erkenntnis könnte Ergebnis des im Titel angedeuteten „Erwachens“ sein (Risveglio: primavera 1945).
Die andere Seite der Medaille zeigt den Enthusiasmus, den er schon früh dem faschistischen Regime entgegenbrachte. Seit der Oper LA FAVOLA DEL FIGLIO CAMBIATO (DIE GESCHICHTE VOM VERTAUSCHTEN SOHN, 1932/33) entstanden Werke, die sich relativ problemlos in die faschistische Ästhetik einordnen lassen und auch teilweise in einem solchen Rahmen erklangen: die Inni (Hymnen) für Orchester, dem Duce gewidmet und am 6. April 1933 zu einer Schau des faschistischen Musikverbandes uraufgeführt, ebenso die Oper GIULIO CESARE (1934/35). Daß sie sich in diese Ästhetik einordnen lassen, bedeutet aber auch, daß sie nicht zwingend auf diesen Zusammenhang verweisen, sondern als selbständige Kunstwerke wenigstens teilweise auch am asketischen Ideal der absoluten Musik festhalten. Während die „offizielle Musik“ des nationalsozialistischen Deutschlands ganz offen eine dienende Haltung einnahm, trifft einige Werke Malipieros der leichter wiegende Vorwurf der Beliebigkeit - die Musik als allpassende Begleitung zu einem Sujet, das sich leicht regimetreu umdeuten läßt: Hymnen als Pose der Verehrung, Giulio Cesare als auf der Bühne dargestellte Verherrlichung von Nation und Führerfigur.
Im Gegensatz zu den „römischen“ Werken Malipieros entziehen sich die Werke aus dem Zeitraum des Krieges einer solchen Einordnung völlig. Durch das erneute Verwenden von Maskenfiguren der Commedia dell’arte entwarf der Komponist wie schon in früheren Werken eine irreale, künstliche Welt, die nur sehr verschlüsselt auf die Wirklichkeit Bezug nimmt (in den Opern LA VITA È SOGNO und I CAPRICCI DI CALLOT). So steht am Anfang der Oper LA VITA È SOGNO (1940/41): „Ohne Ort und Zeit, in einer Fantasiewelt“.
Malipieros Verhältnis zum Faschismus war ambivalent. Weder läßt er sich als glühender Anhänger des Systems noch als Widerstandskämpfer bezeichnen. Mussolinis Wendung zum Antisemitismus deutscher Prägung oder die Internierungslager und die späteren Massenhinrichtungen von Partisanen und Geiseln, dann allerdings durch deutsche Truppen, haben ihn nicht zum Protest oder auch nur zu irgendeiner Erwähnung in seinen autobiographischen Notizen bewegt (eine Ausnahme war in einigen Punkten der nach dem Krieg entstandene schon erwähnte Artikel Risveglio: primavera 1945). Zunächst sieht es so aus, als habe sich Malipiero dem Regime gegenüber ausgesprochen opportunistisch verhalten.
Anhand einer 1984 veröffentlichten Dokumentensammlung läßt sich sein Verhältnis zum Regime recht gut ablesen: 1926 kündigte Malipiero gegenüber Mussolini seine Bereitschaft an, am Aufbau der faschistischen Musik teilzuhaben: „Es wäre mir eine Freude, an der musikalisch-faschistischen Wiedergeburt mitzuarbeiten, und ich bitte Sie, daran zu denken, daß ich einen vollständigen Plan ausgearbeitet habe, den ich Ihnen, als Beweis meiner großen Bewunderung und in einem franziskanisch uneigennützigen Geist, anbiete.“ Auch während der dreißiger Jahre bemühte er sich immer wieder, durch Übersendung von Widmungsexemplaren seiner Werke und durch Fürsprache des Dichters D’Annunzio sich Mussolini ins Gedächtnis zu rufen.
In dieser Sammlung fallen jedoch zeitliche Lücken auf: das letzte an Mussolini gerichtete Dokument stammt vom Dezember 1938, das nächste dort abgedruckte Dokument datiert vom Januar 1941, richtet sich jedoch an Cornelio di Marzio. Von dieser Zeit an finden sich nur noch Briefe an den Minister für nationale Erziehung, Giuseppe Bottai, und den presidente della confederazione nazionale fascista dei professionisti e artisti Di Marzio, mit denen Malipiero, wie man aus dem Ton der Briefe schließen kann, befreundet oder wenigstens vertraut war. Die Hoffnung auf offizielle Anerkennung durch das Regime hatte er zu diesem Zeitpunkt bereits aufgegeben - der Brief vom 31. Januar 1941, in dem er sich (vergeblich) über den öffentlichen Auftritt des Komponisten Pietro Mascagni beklagt, dokumentiert nur noch die Enttäuschung über mangelnde Unterstützung durch das Regime. In die dokumentarische Lücke, die das ganze Jahr 1940 umfaßt, fällt also offenbar ein Stimmungsumschwung Malipieros, ein geistiger Rückzug vom Regime. Das letzte überlieferte Dokument stammt vom Juli 1943. In die relativ große zeitliche Lücke bis zum Kriegsende fällt die deutsche Besetzung Italiens und, gleichzeitig, die Zuflucht Malipieros im Conservatorio in Venedig.
Zur Zeit der deutschen Besetzung hatte sich Malipieros Einstellung zum Faschismus gewandelt. Er entzog Lehrer und Schüler des Konservatoriums Benedetto Marcello Verfolgungen und Einberufungen zum Militär. Einer seiner glaubwürdigsten Fürsprecher war der engagiert antifaschistische Komponist Luigi Nono: „Ein liebevoll besorgter Meister, wie ich erlebte, als er mich in den Jahren der bestialischen Herrschaft des Faschismus (von 1943–45) als Schüler aufnahm und mir mit seinen Kursen und Seminaren die Tür zum Studium und Kenntnis jener Musik öffnete, über die damals in Italien ein Bann verhängt worden war: Schönberg, Webern, dazu Dallapiccola und natürlich Monteverdi und die Musik der italienischen Renaissance.“
Der Krieg bedeutete für Malipiero trotz seiner anfänglichen Begeisterung für das faschistische Regime eines der größten Übel überhaupt. Die Folgen dieses zweiten Krieges spürte der Komponist noch deutlicher als die des ersten: „Wären sie von diesem [diesem!] Krieg angeregt worden, hätten die pause del silenzio [ein 1917 entstandenes sinfonisches Werk] nichts anderes als den Schrecken, den Tod ausdrücken können.“ Malipiero nahm allerdings in seinen Briefen und Aufsätzen niemals die Perspektive des leidenden Volkes ein, sondern berichtete immer wieder von den eigenen traumatischen Erfahrungen.
Gerade durch diese geistige Fixierung auf die eigene Situation, das eigene Leiden, gab Malipiero wahrscheinlich einen letzten Rest von innerer Reserviertheit auch gegenüber dem Regime niemals auf, denn letztlich sah er sich immer in der Rolle des Anklägers der „falschen“ Musik und der gegen ihn intrigierenden Musiker - so ließe sich die in einem Interview mit Harvey Sachs geäußerte Einschätzung des Komponisten Goffredo Petrassi erklären: „Im Grunde zogen sie alle mit. In welcher geistigen Einstellung? Jeder nach seiner eigenen Persönlichkeit. [...] Malipiero war der nörglerischste. Er schrieb an jeden Briefe, beschwerte sich, daß er nicht gespielt würde, und daß er mißverstanden würde und bat ständig um Hilfe. Ich weiß das, weil Malipiero sich, während meiner zehn Monate am Ministerium, ständig an De Pirro wandte. Vielleicht mit leicht ironischem Anklang, aber auch mit viel Hysterie.“
Trotz aller „Hysterie“, persönlicher Besorgnisse, Blindheit für die Nöte anderer (wenigstens zu Beginn des Krieges) hatte sich Malipiero in der eigenen Kunst seit etwa 1940 einer Einordnung in die faschistische Ästhetik völlig entzogen. Die Auseinandersetzung, die nach wie vor in seiner Musik stattfand, wurde auf einer anderen inhaltlichen Ebene ausgetragen: „Wenn wir auch in Besorgnis über das Schicksal unserer Zivilisation lebten, so versuchte man doch, [darauf] zu reagieren, indem man sich große Unternehmungen ausdachte. Wir steuerten mit unseren Helden auf Gestade zu, die nur in unserer Phantasie existierten, und wir trafen uns mit Aeneas, mit Dido.“ Die Umdeutung des Spiels auf eine mit den Termini des Faschismus’ nicht mehr greifbare Ebene bedeutet jedoch nicht automatisch den Verzicht auf künstlerische Reflexion, wohl aber den Verzicht auf die Schaffung einer affirmativen Kunst.
Malipiero hält sich in den Werken dieser Zeit eine Maske aus alter Poesie und alten Liedformen vor, in I CAPRICCI DI CALLOT maskiert er sich durch die Verlegung der Handlung in eine Phantasiewelt, die sich aus einem Stoff der deutschen Romantik speist. Die symbolische Bedeutung der Maskenfiguren betonte er hier besonders, indem er die von den beiden Näherinnen geschaffenen prächtigen Kleider zu eigenen Figuren erhob. Der wohl meistzitierte Satz über Malipiero stammt von Hans Heinz Stuckenschmidt: „Alle seine Figuren könnten Masken tragen.“ Giglio, Giacinta und andere Figuren mit Namen sind zwar schärfer charakterisiert als die tanzenden Masken des Callot, sie sind aber trotzdem Masken zweiten Grades, die ihr wahres Gesicht (oder eine weitere Illusion) hinter einer täuschenden Fassade verborgen halten. So wandelt sich die vordergründige Beziehung der Schneiderin Giacinta zum mittelmäßigen Schauspieler Giglio zur sekundären Fiktion des Paares Prinzessin und Prinz, schließlich sogar zur tertiären Fiktion der Figuren im Trauerspiel des Poeten. Hat sich die Phantastik Malipieros völlig von der Wirklichkeit des faschistischen Italiens abgehoben? Vielleicht gibt es doch einige lose geknüpfte Verbindungen, mögliche Blicke hinter die Maske.
Am Schluß der ersten Szene des dritten Aktes wird Giglio gefangen, wie ein Singvogel in einen großen Käfig gesperrt und „ausgestellt“, so Malipieros Kommentar zu der Oper (1942), „auf dem Balkon, der nach draußen auf die Straße geht“. Erinnern wir uns: wir befinden uns in einem Palazzo in Rom. Wer einen so ausgeprägten Sinn für Symbolik hat wie Malipiero, wählt die Worte eines solchen Kommentars mit Bedacht: es ist durchaus wahrscheinlich, daß der Balkon, der auf den Corso hinausgeht, eben jener des Palazzo di Venezia ist, von dem der Duce seine Reden zu halten pflegte. Die Dialektik von Gefangenschaft und Freiheit, die Giglio hier durchlebt, hatte der Komponist schon früher auf seine auch autobiographisch zu verstehenden Figuren angewandt. So wird in der Oper FILOMELA E L’INFATUATO die Künstler-Sänger-Figur durch eine Nachtigall, symbolisiert, die in einen Käfig eingesperrt wird. Hier jedoch wird das Gleichnis um die Facette des Politischen erweitert. Der Begriff des Ausstellens hatte für Malipiero eine negative Bedeutung. Wenn der Künstler sich als Aushängeschild des Systems beschrieb (ein Euphemismus, denn das System war wenig interessiert an ihm, wie die Aufführungszahlen beweisen), dann ist Giglios Freiheitsverlust auf Malipiero übertragen ein doppelter: nicht nur der persönlichen, sondern auch eine Beschränkung der ästhetischen Eigenständigkeit seiner Kunst. Malipiero jedenfalls sprach indirekt die problematische Situation des Künstlers in einem autoritären Regime an. Ein politisches Kunstwerk sind I CAPRICCI DI CALLOT trotzdem nicht. Gemessen an Krieg, Verhaftungen, innenpolitischem Terror und Rassengesetzen sind die vorsichtigen Andeutungen im Verwirrspiel der Masken vergleichsweise harmlos.
Am Schluß der Oper greift Giglio zusammen mit Giacinta die Arie des Dichters aus dem zweiten Akt auf, die dieser als Teil seines Trauerspiels deklamiert hatte. Dieses Gedicht, wahrscheinlich ein von Malipiero eingerichteter Renaissancetext, nimmt auf die Geschichte der Göttin Ceres, die verbotenerweise unter den Menschen wohnt, Bezug. Der Zorn Jupiters, heißt es dort, werde nicht schweigen, bis „dieses ganze unglückselige Geschlecht ausgelöscht“ sei. In Zeiten des Krieges gesungen, bekommt dieser Text einen besonders fatalistischen Beigeschmack. Es ist nicht irgendeine Tragödie, die der Poet vorträgt, sondern die Tragödie der Kriegszeit, der zerbrochenen Illusion des Faschismus’, anderthalb Jahre bevor die Deutschen Italien besetzten. Dieser lyrische Textabschnitt geht nicht auf die Vorlage von E. T. A. Hoffmann zurück, sondern wurde vom Komponisten selbst eingefügt. Musikalisch ausgestaltet wird er durch die flüchtige Wiederaufnahme der von Malipiero um 1918 entwickelten Form der in Strophen und Klangflächen eingeteilten Operncanzone. Deutlich hört man die b-moll-Abdunkelung der Worte: „Den Zorn will er nicht ablegen, bevor er dieses ganze unglückselige Geschlecht ausgelöscht sieht.“ Doch letztlich läßt sich auch dieser Abschnitt nicht an einer außermusikalischen Wirklichkeit festmachen. Entscheidend dürfte der Gestus der Klage sein, der der Hauptfigur Giglio im Duett mit Giacinta vom Poeten und dem Gaukler (Il Ciarlatano) in den Mund gelegt wird. Damit erschaffen die beiden Figuren, Giglio, der gefangene Vogel und Künstler, und Giacinta, die von einem Paradies der frei fliegenden bunten Vögel träumt, das in den Augen von Dichter und Gaukler perfekte Kunstwerk. Dies ist die Pose, in der sich Malipiero selbst gesehen haben dürfte. Was immer hinter der Maske gesungen wird - der wahrhaftige Gesang kristallisiert sich erst in der Totenklage.
Viele Werke Malipieros folgen der gleichen inneren Dramaturgie: die Befreiung aus einem wirklichen oder geistigen Gefängnis geht einher mit einer dramatischen Veränderung der Sachlage, dem plötzlichen Erkennen der eigenen Situation. Der musikalisch (durch radikalen harmonischen Materialwechsel) begleitete Erkenntnisprozeß führt entweder zum Tod oder zur Verwandlung der Figuren. Oft geht mit diesem Verwandlungsprozeß ein Moment der Trauer oder Erstarrung einher. So auch hier. Kurz vor der Befreiung Giglios gleiten Giacintas Gedanken in eine Traumwelt ab. Als die beiden erkennen, daß sie füreinander bestimmt sind, verlieren sie sich in grotesken melodramatischen Gesten. Sie sind nicht mehr sie selbst, sondern haben sich in die Figuren des Trauerspiels verwandelt, das der Poet und der Gaukler inszeniert haben.
Der von Malipiero vermittelte Erkenntnisprozeß läßt sich nicht in Worte fassen - eigentlich bleibt nur das unbestimmte Gefühl, daß man möglicherweise selbst Teil eines höheren Ränkespiels geworden ist. Als Zuschauer fühlt man sich unwillkürlich in die Situation der tanzenden Masken versetzt: eben noch eigenständige Figur, dann plötzlich Marionette. Wahrscheinlich hat Malipiero die Befindlichkeiten seiner Figuren immer auch auf sich selbst übertragen und seine eigene Trauer über die Erkenntnis verlorener Freiheit dargestellt. Will man in der Zeit des Krieges eine Liebesgeschichte auf die Bühne bringen, so kann man dies nur in solch undurchdringlicher Maskierung tun. Dadurch manifestiert sich das Musiktheater insgesamt als ein Zeichen äußerer Tragik des Künstlers und seiner Kunst, die Abbild einer tragischen, rätselhaften und fremdartigen Wirklichkeit ist.