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Tilman Schlömp
GESANG HINTER DER MASKE
QUATTRO VECCHIE CANZONI
UND
LE SETTE ALLEGREZZE D'AMORE
VON GIAN FRANCESCO MALIPIERO
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Più dolce assai quest'allegrezza quarta
se ti conduci a dir qualche parole
a solo a solo a far del tuo cor carta
e dire a bocca ben dove ti duole
Lorenzo de' Medici / G. F.
Malipiero
(Le sette allegrezze damore)
...se il cielo fosse carta e tutti i mari del mondo
inchiostro non potrei descrivervi le mie
sofferenze
e tutto ciò che vedo intorno a
me.
Chaim / Luigi Nono
(Il canto sospeso)
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I
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Was ist das Papier, was die
Tinte? Klein der Raum, den ein verliebtes Herz braucht, um sich
auszudrücken, aber dies geschieht zurückgezogen in die
Isoliertheit des Innenraumes, 'a solo a solo'. Das Außen
jedoch, wenn es der Banalität einer Todesmaschinerie
anheimgefallen ist, kann nicht genannt werden, selbst wenn man den
Himmel mit Salzwasser beschreiben wollte. Die Frage, ob eine
künstlerische Äußerung, dann überhaupt
möglich ist, ist gleichbedeutend mit der, ob ein Rückzug
vom Außen ins Innen möglich ist, ohne sich zu
verleugnen.
Das dürre Datengerüst, das die fünf
Kriegsjahre in Italien und die Entstehung der beiden Werke Quattro
vecchie canzoni und Le sette allegrezze d'amore (sie
bilden Anfangs- und Endpunkt dieses Zeitraumes) verknüpft, kann
also nur eine grobe chronologische Orientierung sein, ohne auch nur
eine Andeutung des dahinter stehenden Leidens formulieren zu
wollen: |
1. September 1939:
Kriegsbeginn.
4. September 1939: Beginn von Massenverhaftungen ausländischer
Juden in Norditalien [1].
7. Dezember 1939: Mussolini läßt sich vom
Gran Consiglio seine Entscheidung ratifizieren, militärische
Unterstützung Deutschlands zurückzuhalten [2].
26. Dezember 1939: Mussolini erfährt von Hitlers
Plänen eines Einmarsches in Belgien und Holland und nimmt mehr
und mehr eine antideutsche Haltung ein[3].
3. Januar 1940: kritischer Brief Mussolinis an
Hitler, in dem er u.a. einen kompromißlosen Krieg gegen die
beiden «großen Demokratien» als großes Risiko
einstuft [4].
23. Januar 1940: Mussolini sagt seinen Ministern,
daß Frankreich und England den Krieg nicht mehr gewinnen
könnten, und daß Italien an der Seite Deutschlands
kämpfen würde [5].
18. Februar 1940: Malipiero beendet die Komposition
der Quattro vecchie eanzoni [6].
26. Februar 1940: Mussolini brüskiert den
amerikanischen Botschafter Sumner Welles, der
Friedensmöglichkeiten sondiert [7].
18. März 1940: Treffen Hitler-Mussolini am
Brenner. Mussolini teilt Hitler mit, Italien werde an der Seite des
Reiches marschieren [8].
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Fünf Jahre
später: |
22.-29. Januar 1945: ein
SS-Wochenbericht erwähnt wachsende italienische Bereitschaft zum
Widerstand und zu Streiks [9].
Februar 1945: «diplomatischer Krieg»
[10] in Salò: die SS verhaftet Müssolinis
Polizeifunktionär Eugenio Apollonio als «Halbjuden».
Der Duce protestiert vergeblich [11].
14. Februar 1945: Malipiero beendet die dritte
Sinfonie «delle campane» [12].
16. Februar 1945: Malipiero beendet die Komposition
der Sette allegrezze d'amore [13].
20. Februar 1945: Tagesmeldung der
Wehrmachtsführung: «Die Versteifung der Bandenlage und die
wiederholten Luftangriffe auf die Verkehrswege ins Reich und auf die
Häfen Triest, Pola und Fiume in Verbindung mit den fortgesetzten
Umgruppierungen des Feindes lassen darauf schließen, daß
die Vorbereitungsmaßnahmen der Alliierten für die zu
erwartende Frühjahrsoffensive sich dem Abschluß
nähern.» [14]
19. April: Bologna durch Partisanen befreit
[15]
26. bis 28. April: Genua, Mailand und Turin werden
von den Alliierten eingenommen [16].
28. April: Mussolini und Clara Petacci werden von
Partisanen gefangen und erschossen [17]; Tagesmeldung der
Wehrmachtsführung: «Im Vorstoß nach Nordosten
erreichten motorisierte feindliche Kräfte den Raum von Venedig.
[18] |
Die Entstehung der beiden
Werke Malipieros Quattro vccchie canzoni und Le sette
allegrezze d'amore umspannt also fast ganz genau den Zeitraum von
der Entscheidung Italiens zum Kriegseintritt bis zum endgültigen
Ende des italienischen faschistischen Regimes. Diese fünf Jahre
erst wurden zur eigentlichen Bedrohung für Malipiero und andere
Künstler: «Die Musiker, die 1940 nicht direkt bedroht
waren, rührten sich nicht, aber nach und nach kam es, daß
sie sich eingesperrt fanden von den nahegekommenen hin und her
wogenden Schlachtfeldern» schreibt Malipiero [19]. In
demselben Artikel nennt er (wohl erstmals) das Regime beim Namen:
«Dreiundzwanzig Jahre sind vergangen seit dem Tag, da die
Glocken der Gemeinden für den Sieg einer entstehenden Diktatur
läuteten.» [20] Diese Erkenntnis könnte
Ergebnis des im Titel angedeuteten «Erwachens» sein
(Risveglio: primavera 1945). |
Die andere Seite der
Medaille zeigt den Enthusiasmus, den er schon früh dem
faschistischen Regime entgegenbrachte. Seit der Oper La favola del
figlio canbiato (1932/33, auf ein Libretto von Luigi Pirandello),
die Jürg Stenzl als «Wendepunkt» in Malipieros
Schaffen wertet [21], entstanden Werke, die sich relativ
problemlos in die faschistische Ästhetik einordnen lassen und
auch teilweise in einem solchen Rahmen erklangen: die Inni
(«Hymnen») für Orchester, dem Duce-gewidmet und am
6. April 1933 zur Seconda mostra nazionale del Sindacato fascista
dei Musicisti uraufgeführt [22], ebenso die Oper
Giulio Cesare (193 4/3 5) [23]. Daß sie sich in
diese Ästhetik einordnen lassen, bedeutet aber auch, daß
sie nicht zwingend auf diesen Zusammenhang verweisen, sondern als
selbständige Kunstwerke wenigstens teilweise auch am asketischen
Ideal der absoluten Musik festhalten. Während die
«offizielle» Musik des nationalsozialistischen
Deutschlands ganz offen eine dienende Haltung einnahm, trifft einige
Werke Malipieros der leichter wiegende Vorwurf der Beliebigkeit - die
Musik als allpassende Begleitung zu einem Sujet, das sich leicht
regimetreu umdeuten läßt: Hymnen als Pose der Verehrung,
Giulio Cesare als auf der Bühne dargestellte Verherrlichung von
Nation und Führerfigur. |
Im Gegensatz, zu den
«römischen» Werken Malipieros (Giulio Cesare
und Antonio e Cleopatra) entziehen sich die Werke aus dem
Zeitraum des Krieges einer solchen Einordnung völlig. Durch das
Wiederbeleben der Masken entwarf der Komponist aufs neue eine
irreale, künstliche Welt, die nur sehr verschlüsselt auf
die Wirklichkeit Bezug nimmt (La vita è sogno und I
capricci di Callot) [24]. Dieselbe Maskerade und
Verschlüsselung findet in den beiden Werken, von denen hier die
Rede ist, statt. |
II
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Malipieros Verhältnis
zum Faschismus war ambivalent. Weder läßt er sich als
glühender Anhänger des Systems noch als
Widerstandskämpfer bezeichnen. Allerdings haben ihn weder
Mussolinis Wendung zum Antisemitismus deutscher Prägung
[25] noch die Internierungslager und die späteren
Massenhinrichtungen von Partisanen und Geiseln, dann allerdings durch
deutsche Truppen, zum Protest oder auch nur zu irgendeiner
Erwähnung in seinen autobiographischen Notizen bewegt (eine
Ausnahme war in einigen Punkten der nach dem Krieg entstandene schon
erwähnte Artikel Risveglio: primavera 1945).
Zunächst sieht es so aus, als habe sich Malipiero dem Regime
gegenüber ausgesprochen opportunistisch verhalten
[26].
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Anhand der von Fiamma
Nicolodi veröffentlichten Dokumentensammlung [27]
läßt sich das Verhältnis zum Regime recht gut
ablesen. 1926 kündigte Malipiero gegenüber Mussolini seine
Bereitschaft an, am Aufbau der faschistischen Musik mitzuarbeiten:
«Es wäre mir eine Freude, an der
musikalisch-faschistischen Wiedergeburt mitzuarbeiten, und ich bitte
Sie, daran zu denken, daß ich einen vollständigen Plan
ausgearbeitet habe, den ich Ihnen, als Beweis meiner großen
Bewunderung und in einem franziskanisch uneigennützigen Geist,
anbiete.» [28] Immer wieder bemühte er sich, durch
Übersendung von Widmungsexemplaren seiner Werke und durch
Fürsprache D'Annunzios sich Mussofini ins Gedächtnis zu
rufen. Er warb für ein idealistisches Projekt des Canto
corale bzw. canto della Nuova Italia (1933) [29]
und entwarf einen «Tempel der Musik» (tempio della
musica, 1937) [30]. Schließlich löste die von
Mussolini befohlene Absetzung, der Favola del figlio cambiato
vom Spielplan des Teatro Reale in Rom zahlreiche Beschwerde- und
Bittbriefe sowie Audienzgesuche (auch von Pirandello [31])
aus, bewirkte aber bei Malipiero noch kein Umdenken, sondern einen
neuen Versuch, sich beim Regime ins rechte Licht zu setzen: eben die
«römische» Oper Giulio Cesare [32].
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In der von Nicolodi
veröffentlichten Sammlung fallen jedoch zeitliche Lücken
auf: das letzte an Mussolini gerichtete Dokument [33] stammt
vom Dezember 1938, das nächste dort abgedruckte Dokument datiert
vom Januar 1941, richtet sich jedoch an Cornelio di Marzio. Von
dieser Zeit an finden sich nur noch Briefe an den Minister für
nationale Erziehung (ministro dell'Educazione nazionale) Giuseppe Bottai
[34] und den 'presidente della confederazione nazionale
fascista dei professionisti e artisti' Di Marzio, mit denen
Malipiero, wie man aus dem Ton der Briefe schließen kann,
befreundet oder wenigstens vertraut war [35]. Die Hoffnung auf
offizielle Anerkennung durch das Regime hatte er zu diesem Zeitpunkt
bereits aufgegeben - der Brief vom 31. Januar 1941, in dem er sich
(vergeblich) über den öffentlichen Auftritt Pietro
Mascagnis beklagt [36], dokumentiert nur noch die
Enttäuschung über mangelnde Unterstützung durch das
Regime. In die dokumentarische Lücke, die das ganze Jahr 1940
umfaßt, fällt also offenbar ein Stimmungsumschwung
Malipieros, ein geistiger Rückzug vom Regime. In dieser Zeit
entstanden auch die Quattro vecchie canzoni. |
Das letzte bei Nicolodi
überlieferte Dokument stammt vom Juli 1943. In die große
zeitliche Lücke bis zum Kriegsende fällt die deutsche
Besetzung Italiens, die Zuflucht Malipieros im Conservatorio in
Venedig [37] (also jetzt auch ein physischer Rückzug) -
und die Komposition des zweiten hier besprochenen Werkes: Le sette
allegrezze d'amore. |
Zur Zeit der deutschen
Besetzung hatte sich Malipieros Einstellung zum Faschismus gewandelt.
Er entzog Lehrer und Schüler des Konservatoriums Benedetto
Marcello Verfolgungen und Einberufungen zum Militär [38].
Einer seiner glaubwürdigsten Fürsprecher war Luigi
Nono: |
Ein liebevoll
besorgter Meister, wie ich erlebte, als er mich in den Jahren der
bestialischen Herrschaft des Faschismus (von 1943-45) als
Schüler aufnahm und mir mit seinen Kursen und Seminarien die
Tür zwn Studium und Kenntnis jener Musik öffnete, über
die damals in Italien ein Bann verhängt worden war:
Schönberg, Webern, dazu Dallapiccola und natürlich
Monteverdi und die Musik der italienischen Renaissance. [39] |
Damals beendete Malipiero
auch die Partitur der dritten Sinfonie (am 14. Februar 1945), und er
nannte diese Zeit später in einem Brief (an Alois Mooser) einen
der «schrecklichsten Momente»: |
Die Deutschen
sind in Italien einmarschiert. Ich habe den Lärm ihrer Schritte
gehört, ihrer schweren Stiefel, die den Tod, die Leiden
ankündigten. Die Glocken stellten all dies in den Schatten; sie
riefen einen ganz besonderen Gemütszustand hervor. Dies ist also
meine Dritte Sinfonie, in einem der schrecklichsten Momente
geschrieben, Ende des Jahres 1944 und Beginn des Jahres 1945! Haben
Sie jemals, von der Lagune aus, ganz Venedig von seiner. Glocken
-vibrieren gehört? Sie wird [so] zu einem großen
Musikinstrument... [40] |
Der Krieg bedeutete
für Malipiero trotz seiner anfänglichen Begeisterung
für das faschistische Regime, eines der größten
Übel überhaupt, ähnlich wie für den ebenfalls
nicht emigrierten Karl Amadeus Hartmann [41]. Die Folgen
dieses zweiten Krieges spürte der Komponist noch deutlicher als
die des ersten: «Wären sie von diesem [diesem!] Krieg
angeregt worden hätten die 'pause del silenzio' nichts
anderes als den Schrecken, den Tod ausdrücken
können.» [42] Malipiero nimmt allerdings niemals
die Perspektive des leidenden Volkes ein, sondern berichtet immer
wieder von den eigenen traumatischen Erfahrungen, die bis zum
Rückzug von Caporetto 1917 zurückreichen. |
Gerade durch diese geistige
Fixierung auf die eigene Situation, das eigene Leiden, gab Malipiero
wahrscheinlich einen letzten Rest von innerer Reserviertheit auch
gegenüber dem Regime niemals auf, denn letztlich sah er sich
immer in der Rolle des Anklägers der «falschen»
Musik und der gegen ihn intrigierenden Musiker - so ließe sich
die in einem Interview mit Harvey Sachs geäußerte
Einschätzung Goffredo Petrassis erklären: |
HS [Harvey Sachs]:
Wie war die Einstellung der Musiker der «Generation von
1880» gegenüber dem Faschismus?
GP [Goffredo Petrassi]: Im Grunde zogen sie
alle mit. In welcher geistigen Einstellung? Jeder nach seiner eigenen
Persönlichkeit. [...] Malipiero war der nörglerischste. Er
schrieb an jeden Briefe, beschwerte sich, daß er nicht gespielt
würde, und daß er mißverstanden würde und bat
ständig um Hilfe. Ich weiß das, weil Malipiero sich,
während meiner zehn Monate am Ministerium, ständig an De
Pirro wandte. Vielleicht mit leicht ironischem Anklang, aber auch mit
viel Hysterie.[43] |
III
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Trotz aller
«Hysterie» persönlicher Besorgnisse, Blindheit
für die Nöte anderer (wenigstens zu Beginn des Krieges) hat
sich Malipiero in der eigenen Kunst seit etwa 1940 einer Einordnung
in die faschistische Ästhetik völlig entzogen. Die
Auseinandersetzung, die nach wie vor in seiner Musik stattfindet,
wird auf einer anderen inhaltlichen Ebene ausgetragen: «Wenn
wir auch in Besorgnis über das Schicksal unserer Zivilisation
lebten, so versuchte man doch, [darauf] zu reagieren, indem man sich
große Unternehmungen ausdachte. Wir steuerten mit unseren
Helden auf Gestade zu, die nur in unserer Fantasie existierten, und
wir trafen uns mit Aeneas, mit Dido.» [44] Die Verlegung
des Spiels auf eine mit den Termini des Faschismus' nicht mehr
greifbare Ebene bedeutet jedoch nicht automatisch den Verzicht auf
künstlerische Reflexion, wohl aber den Verzicht auf die
Schaffung einer affirmativen Kunst. |
Malipiero hält sich
eine Maske aus alter Poesie und alten Liedformen vor, und er weist
auch darauf hin, z.B. durch die an sich unnötige Betonung des
Alten: Quattro vecchie canzoni -Malipieros Canzoni sind
jedoch, was die Textwahl betrifft, immer alt, so alt, wie der
literarische Begriff der Canzone. Die doppelte Verneinung der
Aktualität gibt vielleicht eher einen Hinweis darauf, daß
die Lieder so alt sein wollen, wie «alte»
zeitgenössische Kunst eben nur sein kann, ist also deren
versteckte Bejahung. Wenn man hinter diese Maske blickt, dann zeigen
sich in verschiedenen Werken und auch hier versteckte Hinweise auf
die persönliche künstlerische und weltanschauliche
Entwicklung des Komponisten. |
Die Quattro vecchie
canzoni greifen in vielerlei Hinsicht auf Malipieros alte
Canzonenform zurück, nicht nur auf die der Sette canzoni,
sondern auch auf die drei Canzoni des Nero (Orfeo ovvero l'ottava
canzone) und die Tre poesie di Angelo Poliziano
(1918-1920). Vier kurze, einteilige Canzoni (eine Canzone a
ballo und drei Sonette, also jeweils nur eine Strophe) bilden,
wie die «Kern»-Canzoni der Orfeide, eine in sich
geschlossene Einheit, werden aber durch kurze Zwischenspiele ohne
Unterbrechung miteinander verknüpft. Dabei fällt die
relativ lange instrumentale Einleitung auf, die eigenes (von den
folgenden Canzoni unabhängiges) musikalisches Material hat, auf
das eine kurze Reprise vor dem vierten Lied noch einmal
zurückgreift. Warum diese lange Einleitung? Im Gegensatz zur
Canzone in der Oper war sie aus dramaturgischen Gründen
(«Exposition» auf der Bühne) nicht notwendig. Oder
findet hier eine Exposition ohne Bühne statt, ein
imaginäres Theater? Dieses vorangestellte Motto erinnert in der
Tat an die Eingangsstimmung der Sette canzoni. |
Die Ternpobezeichnung
(Lento, non troppo [però] [45] Dynamik (p), Takt (3/4),
Rhythmus (Melodielinie aus Achtelnoten und Triolen),
melodisch-harmonische Basis (dorisch auf e, in Sette
canzoni jedoch mit Beimischungen u.a. des künstlichen Modus'
der Flöten|Oboen-Melodie) und die Instrumentierung (Flöte
und Oboe als Melodieinstrumente, später Klarinette, Fagott und
Horn, darunter ein Streicherfundament) stimmen überein, sogar
die melodischen Linien weisen einige Ähnlichkeiten
auf. |
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Wenn Malipiero einen Bezug
zur Abendstimmung (le prime ore di sera [46]) der ersten
Canzone I vagabondi herstellen wollte, dann könnte er
auch eine gedankliche Parallele zu seiner persönlichen Situation
in dieser Zeit gezogen haben. Die Sette canzoni entstanden
1918 in Rom, wohin der Komponist nach dem österreichischen
Frontdurchbruch bei Caporetto hatte fliehen müssen. Er selbst
bezeichnete seine Zeit in Rom als «düster»
[47], und im Kriegsjahr 1942 kommentierte er diese Zeit des
ersten Weltkriegs mit den Worten: «1914 verwirrte der Krieg
mein ganzes Leben, das, bis 1920, eine Tragödie ohne Ende
war.» [48] Fühlte er sich bei Ausbruch des zweiten
Weltkrieges in einer ähnlichen Stimmung?
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Wie in I vagabondi
ist dieser Lento-Abschnitt auch hier eine Einleitung, die die
eigentliche Canzone nicht berührt. Diese hat jeweils eine eigene
musikalische Entwicklung. Allerdings gibt es inzwischen deutliche
Unterschiede zum früheren Canzonenprinzip: die damals relativ
strenge Einteilung in Strophen und harmonische Ebenen ist hier
aufgehoben, eine ausgedehnte Steigerung über sich
verkürzende Elemente, die auf einen Höhepunkt, meist kurz
vor Schluß, zielt, gibt es hier nicht mehr. Insgesamt sind
diese späteren Canzoni viel einheitlicher und wesentlich
kontrapunktischer gearbeitet, dafür harmonisch nicht mehr so
variabel.
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Die erste Canzone wird von
einem einfachen Steigerungsprinzip zusammengehalten. Sie beginnt mit
der Vorimitation des Vogels («E per un bel cantar dun
merlo») durch die Flöte. Die in punktierten Noten
umschriebene Terz wird in Tonhöhe und Dynamik gesteigert:f2 | d2
- a2 | f2 - fis2 | d2 - cis3 | a2 - e3 | cis3. Die höchsten
Töne der Amsel fallen mit den tiefsten Tönen des Basses
(Cis) zusammen. Diese Betonung der letzten Liedzeile vollzieht
einerseits die Struktur der zugrunde liegenden Gedichte nach, denn
aus den Reimen auf «io» - sie verbinden diese Canzone mit
der folgenden - ist der Endreim des letzten Verses deutlich
herausgehoben: «Ché gli parlava del suo linguaggio / e
la bella non lo 'ntendeva. - Fior di virtù si è gentil
coraggio (Dieser letzte Vers wäre dann der Beginn dessen, was
die Amsel der «Schönen» mitteilen möchte, ohne
doch jemals verstanden zu werden.) Andererseits verweist Malipiero
damit aus der Canzone heraus auf sich selbst. Schon die
«fatalistische» Betonung des Tritonus' am Schluß
der Flöten-Phrase und in der «Antwort» des
Kontrabasses lassen sich symbolisch deuten.
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Darüber hinaus ist das
gesamte Klanggeschehen auf diesen ersten sieben (!) Seiten der
handschriftlichen Partitur mit Kreuz-Vorzeichen (und
Auflösungszeichen) notiert. Blättern wir um auf die achte
Seite, so sehen wir das Nachspiel (und später die gesamte zweite
Canzone) in der optisch dunkler erscheinenden Farbe der
b-Vorzeichen notiert. Wenn diese chiaroscuro-Schreibweise den
Wechsel von verstandener zu nicht verstandener (Musik-)Sprache
anzeigen soll, dann ist Malipiero selbst offenbar der Sänger,
der in «seiner Sprache» (s.o.) nicht verstanden wird.
Ähnliche Situationen tauchen immer wieder in Malipieros
Musiktheater auf (L'ubbriaca, Orfeo ovvero l'ottava
canzone, Filomela e l'Infatuato usw.). Hier allerdings
erhellt sich die außerinusikalische «Bedeutung» der
Canzone nicht durch das Bühnengeschehen (das seinerseits oft nur
kryptische Hinweise gibt), sondern über die Verknüpfung von
Musik und Text bei Einbeziehung von Malipieros Biographie. Diese
verschlüsselten autobiographischen Bezüge machen deutlich,
daß der Komponist diese Werke wenigstens ansatzweise (wie
andere davor und danach [49]) als ein imaginäres Theater
betrachtete - das (wie sein «wirkliches» Theater) von ihm
selbst handelte. |
Die zweite Canzone Fior
di virtú greift mit dem Ostinato der Viola den Ruf der
Amsel aus der ersten Canzone rhythmisch auf. Die Aufteilung des
Sonetts zunächst in zwei Quartette durch das
kontrastierende Material und die Instrumentenverteilung erscheint
zunächst ganz selbstverständlich, dann aber wird durch die
Beibehaltung der schlichteren Begleitung im ersten Terzett und einem
weiteren Vers und, demzufolge die Reprise des Ostinatos erst im
vorletzten Vers die formale Betonung ganz auf den Schluß
gelegt: «e poter di virtù è sofferenza: tutta
virtù è render ben per male». (Malipieros eigenes
Leiden - eigene Tugend?) |
Das Zwischenspiel greift
wieder auf die Stimmung der Einleitung zurück und leitet mit
Temposteigerung und Crescendo zur dritten Canzone über. Hier
werden die verbalen Schrecken («Grifon»,
«lupi», «leon» usw.) durch extreme Lagen der
Instrumente (insbesondere Horn und Kontrabaß), Wechsel von
glissandi und 'pizziccati' usw. tonmalerisch dargestellt. |
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Diese
forte-fortissimo-Darstellung faßt die beiden
Quartette des Sonetts zusammen. Geht man zu weit, wenn man in
dem «Sturm», den «folgori» (Blitzen), den
«corsari» (Seeräubern) und «sagittari»
(Schützen) auch eine Darstellung des Krieges (die fünf
Monate zuvor mit dem deutschen Angriff auf Polen begonnen hatte)
sieht? Die Assoziation von Sturm und Krieg hatte Malipiero schon
einmal 1917/18 mit Pantea, auf die Bühne gebracht - dort spricht
er in der einleitenden Regieanweisung von einem «Sturm von
Eisen und Feuer» [50], meint aber den Krieg
[51]). (Auch in Pantea werden, eben im Zusammenhang mit
diesem «Sturm», extreme Lagen der Instrumentengruppen
betont.) |
Die abrupte Wendung in der
dritten Canzone vom 'fortissimo' zum 'pianissimo' fällt auf den
Vers: «ma io, che non son tal, perché discerno
com'orribil fuggirmi a chi non torna fuggita [...]. Distanziert sich
mit dem lyrischen Ich auch Malipiero selbst von diesen Schrecknissen?
Wird er -wie der «Teufel aus der Hölle» («il
diavol dell'inferno») - gemieden? Die Möglichkeit einer
Dechiffrierung ist ungewiß. |
In diese Stimmung der
Einsamkeit fällt die Reprise der Lento-Einleitung (sieben
Takte), an die sich sofort die vierte Canzone anschließt. Hier
werden, anders als in den vorhergehenden Canzoni, auch melodische
Elemente der Zwischenspiele verarbeitet. Musikalisch stellt dieses
kurze Lied deshalb eine Art Zusammenfassung des bisherigen Geschehens
dar. Vielleicht läßt sich diese Zusammenfassung auch als
inhaltlicher Abschluß interpretieren. Die Aussage der ersten
drei Lieder gipfelte im Nicht verstanden werden, im Leiden und in der
Einsamkeit des lyrischen Ich bzw. des Künstlers. Hier jedoch
steht die schillernde Metapher der Blume im Mittelpunkt. Hat sie eine
definitive Bedeutung, steht sie für Liebe? Für
Menschlichkeit? Für Musik? («E della fior son fatto
servidore») Ist die «Blume» gleichbedeutend mit der
«Gnade» der «Madonna» («Vostra
mercè, Madonna, fiore aulente.»)? Jedenfalls klingt das
Werk mit demselben Motiv der Einsamkeit aus, mit dem es begonnen
hatte. Wie weit man auch bei der Übertragung der musikalischen
Aussage, auf Malipiero selbst gehen will - es bleibt die Tatsache,
daß am Aufbruch Italiens in den Krieg eine zutiefst
pessimistische künstierische Äußerung Malipieros-
steht. |
In einem wesentlich
optimistischeren Tonfall beginnen die Sette allegrezze
d'amore. Dieses Werk ist, obwohl textlich umfangreicher als die
Quattro vecchie canzoni, als eine einheitliche Canzone in
mehreren Strophen vertont. Die Einleitungsstrophe und die
Beschreibung der «sieben Freuden» werden durch die
variierte Wiederkehr derselben Motive zusammengehalten. Malipiero
arbeitet hier jedoch nicht, wie in den mehrteiligen Operncanzoni, mit
der kontrastierenden Gegenüberstellung der unterschiedlichen
Strophen, sondern er schafft durch rhythmische Zusammenfassungen und
variiert wiederholte Motive Verbindungen zwischen den Strophen. Eines
der exponierten Motive erinnert an die «Amsel» aus den
Quattro vecchie canzoni: |
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Fühlte sich der
«Singvogel» Malipiero in diesen letzten Kriegsmonaten
eher verstanden? Die harten Gegensätze, das Herausstellen
einzelner Verse wie in dem Werk von 1940, lassen sich hier nicht
bemerken. Nur ganz sanft werden die «Wunden» der Liebe
(«lasciando spesso i segni delle piaghe») angedeutet (T.
120). Mit feiner Ironie wird - durch das Wechselspiel der beiden
Violoncelli und das con sordina-Spiel der drei Violinen - die letzte
«Freude» bzw. «Heiterkeit» der Liebe in Szene
gesetzt. |
Die Reprisenform vollzieht
dabei den inhaltlichen Aufbau nach: die vorher nur wenig
ausfigurierten Akkorde im harmonischen Bereich von dorisch auf
d begleiten die Einleitung des Sänger-Erzählers
(«Deh state a udire»), dabei wechselt die
Instrumentierung vom Holzbläsersatz zum Streichersatz. Nachdem
diese «Vorbemerkung» beendet ist, leitet der
Rückgriff auf das fröhliche triolische Anfangsmotiv zum
eigentlichen Text («Prima allegrezza...» ) über. Bei
der «Reprise» jedoch erscheinen diese Akkorde von
vornherein im reinen Streichersatz, in den sich nach und nach die
klagende IVª-corda-Melodie der Violine einflicht. Die
Rückung von E-Dur zu d-moll-dorisch wird durch das exponierte
f (Mollterz) des Fagotts beinahe schmerzlich deutlich
gemacht. |
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Sie fällt mit dem
inhaltlichen Sprung von der «età fiorente» (dem
«blühenden Alter», d.h. der Jugend) zur
«verlorenen Zeit» zusammen («ché perder
tempo duole a chi più sa»). Fällt die
«verlorene Zeit» möglicherweise auch auf Malipiero
selbst zurück? Ein Hinweis darauf könnte die klagende
Melodie sein, die zum Lento (triste) überleitet: sie ist beinahe
ein Zitat der Canzone del tempo aus Torneo
notturno. |
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Malipiero nutzt also die
Reprisenform, um in die Erzählung von den Sette
allegrezze hineinzuführen, und um dann aus ihr heraus wieder
in die Rolle des reflektierenden Erzählers zu fallen,
gleichzeitig aber, um durch das Einflechten des Neuen, Fremdartigen
in die schon bekannten Harmonien einen Hinweis auf den
veränderten Erkenntnisstand des Erzählers zu geben. Dieser
musikalisch angedeutete Erkenntnisprozeß scheint dem
Komponisten wichtiger zu sein als die nur «begleitete»
Erzählung selbst. |
Das Umschlagen der
Stimmung, das kurz darauf mit dem Lento-(triste)-Abschnitt folgt, ist
an sich die typische Schlußwendung einer mehrteiligen
Operncanzone bei Malipiero. Eine neue harmonische Stufe wird
erreicht, und neues musikalisches Material wird eingeführt, das
sich von dem bisher benutzten völlig unterscheidet. Zwar ist
hier der Kontrast in den musikalischen Parametern Melodie, Rhythmus,
Tonart, Tonhöhe usw. nicht so radikal wie im Musterbeispiel der
Malipiero-Operncanzone (der dritten Canzone des Nero in Orfeo
ovvero l'ottava canzone), aber gerade die charakteristische
melodische Fremdartigkeit der übermäßigen Sekunde
wendet Malipiero auch hier an [52]. |
War eine solche Wendung als
autonom musikalische Gestaltung in dem genannten
Musik-theater-Beispiel völlig unabhängig vom vertonten
Text, so fällt sie hier mit einem signifikanten inhaltlichen
Einschnitt zusammen: der Mitteilung von der eigenen Blindheit. Ein
solches Zusammenfallen fordert zur Interpretation außerhalb des
engen Kontextes des Gedichtes bzw. des lyrischen Ich heraus. Wollte
Malipiero an dieser Stelle aus dem Text heraus, über die
Blindheit des lyrischen Ich, auf seine eigene Blindheit verweisen?
Schließt das, im Januar 1945, möglicherweise, über
eine allgemeine human-emotionale Blindheit hinausgehend, auch die
ganz spezielle Blindheit des Komponisten gegenüber dem
Faschismus ein? |
IV
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Einige der hier
vorkommenden Topoi tauchen in den Werken Malipieros immer wieder auf
Dazu gehört die Figur des Künstlers bzw. Sängers als
Vogel. Der Vogelgesang, der schon in den ersten Impressioni dal
vero stilisiert dargestellt wird, ist für Malipiero offenbar
eine symbolische Verbindung zwischen Natur und Kunst. Oft wird der
Sänger mit dem Vogel gleichgesetzt. Die Figur des Toffolo in
Le baruffe chiozzotte spielt sogar mit den Vogelarten und
läßt sich nur mit der einen vergleichen: «Nachtigall
ja - aberAmsel, aber Amsel nein.» [53] Im weiteren Sinne
lassen sich alle Vögel in Malipieros Werken symbolisch deuten:
Le aquile (die Adler) [54], I corvi (die Raben)
[55], La fenice (der Phönix) [56].
Darüber hinaus ist der Vogel (die Nachtigall) auch das
Spiegelbild des Künstlers selbst, im Mittelteil
L'usignuolo (die Nachtigall) von Filomela e
l'Infatuato. Hier kann die als Prinzessin dargestellte Filomela
den Gesang der Nachtigall nicht ertragen - weil sie (das wird direkt
nicht gesagt) als gefangener Sänger die Situation der Filomela,
der gefangenen Sänger-Tänzerin, die von der Menge, vom
«Silberprinzen» und vom «Betörten»
bedrängt wird, unbarmherzig widerspiegelt. Und dies ist
natürlich auch die Situation, in der sich wenigstens ansatzweise
Malipiero selbst sah. |
Aber die Situationen
variieren. Eine Entschlüsselung ist nicht immer möglich,
die Deutung ist also nicht geradlinig, sondern verschlungen und
vielschichtig. Das Symbol des Vogels taucht in unterschiedlichen
Zusammenhängen auf. So sieht sich der Prinz («il
principe», der Sänger, der Künstler) in La vita
è sogno [57], den Malipiero wohl teilweise
autobiographisch angelegt hat, gerade im Gegensatz zum Vogel:
«Der Vogel wird geboren, und die Federn sind [wie] Blumen,
Blumensträuße die Flügel. Wundervoll gekleidet
verläßt er das Nest und teilt mit seinem leichten Flug den
Raum. Und ich, der ich eine Seele habe, bin gefangen. [58]
|
Gefangenschaft ist jedoch
bei Malipiero schon beinahe eine unvermeidliche Daseinsform und
äußert sich sehr unterschiedlich. Der Vogel ist, wie
Lorenzos Liebespaar, wie der Junge Chaim, der hingerichtet werden
wird, vielleicht sogar in seinem «leichten Flug»
gefangen, wie es beinahe alle Vögel in Malipieros dramatischen
Konstruktionen sind. Die Freiheit kann man, folgt man diesen
Handlungsentwürfen, sich erst erwerben - im Moment des
Abschieds, des Todes, des Weinens [59] -durch die Erkenntnis
der eigenen Gefangenschaft und der Relativität aller Freiheit,
so daß das eigene Handeln allen Ausnahmepersonen
(Künstlern, Prinzen, Sängern...) die Verantwortung
aufbürdet, mit fremder und eigener Unfteiheit umzugehen.
|
Die Erkenntnis der
doppelgesichtigen Gefangenschaft aller Lebewesen führt in
diesen späteren Werken Malipieros zu einem Ethos der
Verantwortlichkeit gegenüber anderen Menschen. Die Lehre, die
dieser mittlere Abschnitt in Malipieros Schaffen verkörpert, hat
sich gegenüber der früheren gewandelt: vom entschlossenen
Schritt Panteas, aus dem Gefängnis auszubrechen, worauf
sie dem Tod entgegensieht, zur verstörten Erkenntnis, im
Gefängnis leben zu müssen, weil die imaginierte Freiheit
nichts anderes bedeutet. In diesem Zusammenhang erklären sich
die letzten Sätze des principe in La vita è
sogno: «Auch gestern sah ich alles wie ich es heute sehe,
und es war ein Traum.» und «Ich akzeptiere, diesen neuen
Traum zu leben.» [60]
|
Auch hier ist es
wahrscheinlich, daß Malipiero die beiden Hauptfiguren Prinz und
König autobiographisch gedacht hatte. Aber wie konkret darf
diese Deutung sein? Das dramaturgisch hochkomplizierte symbolisch
befrachtete Gebilde dieser Oper gibt nur einige Anhaltspunkte: der
Prinz, der das Lied von der Freiheit der Vögel sing nennt sich
selbst «Ungeheuer» («mostro» [61]) und
wird von seinem Vater ebenso genannt. [62] Malipiero hat auch
andere Figuren, die als männliche Sänger-Künstler
unverkennbar auch autobiographisch gemeint sind, direkt oder indirekt
als «Ungeheuer» bezeichnet, so z.B. den
«Betörten» (l'Infatuato) in Filomela e
l'Infatuato oder den buckligen Narren (Il buffone gobbo) in La
bella e il mostro [!], der früheren Fassung des
unveröffentlichten Einakters Castel Smeraldo.
|
Die interessante
dramaturgische Neuerung ist jetzt, zu Beginn der 40er Jahre, jedoch,
daß das Sänger-Ungeheuer im Regieren (arte di
governare) [63] unterrichtet wird. Diese Bezugnahme auf
die unkünstlerische politische Welt, das Außen, von dem
sich der Künstler eigentlich zurückziehen will, könnte
ein Hinweis darauf sein, daß ein solcher Rückzug letzten
Endes nicht möglich ist. Die Läuterung des zwischendurch
aus dem Traum erwachten und dann wieder zum Träumen und
Gefangensein verurteilten Prinzen besteht in der Erkenntnis der
eigenen Gefährlichkeit, der latenten Gewaltbereitschaft, die im
Wachtraum hervortrat. Aus dieser Erkenntnis («Ich war
vielleicht ein schlafender Löwe [...]» [64])
erwächst erst die Verantwortung im Umgang mit Macht, die der
König dem Sohn übertragen wird. |
Die schon vom früheren
Musiktheater Malipieros her bekannten Größen
Gefangenschaft und Freiheit, Gewalt und Tod, werden jetzt einem
durchaus politischen Stoff übertragen, deuten also über die
reine Künstlerfigur Malipiero hinaus. Möglicherweise hat
sich der Komponist hier noch einmal eine symbolisch-theoretische
Auseinandersetzung mit den Konstanten der Favola del figlio
cambiato geschaffen - ein Thema, mit dem er noch nicht ganz
abgeschlossen hatte, und gleichzeitig eine persönliche
Kränkung (s.o.), die er offenbar (das belegen einige Briefe) bis
dahin noch nicht verwunden hatte. Dies wäre, wenn auch sehr
zurückhaltend und verschlüsselt, als Botschaft an das
Regime zu verstehen - vielleicht sogar als fatalistische Erkenntnis,
daß der «schlafende Löwe» (s.o.) schon geweckt
wurde. |
In der musikalischen
Darstellung gibt es eine Parallele zu den Quattro vecchie
canzoni: die Begleitung der Naturgewalten (die in La vita
è sogno als unglücksbringende Vorzeichen geschildert
werden) besteht auch hier aus schnellen rauhen, schmucklosen
Ostinati: |
|
Ähnlich ist die,
Untermalung des dritten Madrigals, in dem der Kriegsgott Mars
besungen wird. [65] Für einige dieser Momente
könnten die Quattro vecchie canzoni eine Vorstudie
gewesen sein. Die Anspielung auf den Krieg durch die Erwähnung
von Ungeheuern und Naturgewalten kann als Anleitung zum
Verständnis weiterer Werke dienen: Vergilii Äeneis
(1943 -44) [66] und I capricci
di Callot (1942). |
Ein anderer Topos, der in
Malipieros Musiktheater wiederkehrt, ist die Figur des Blinden, die
außer in Le sette allegrezze d'amore und den Sette
canzoni auch in den Metamorfosi di Bonaventura [67] sowie
ansatzweise in einigen weiteren Opern (z.B. Ecuba und Mondi
celesti e infernali) vorkommt. Über die konkrete
Blindheit, das verlorene Augenlicht, hinaus leiden Malipieros Figuren
oft sehenden Auges an einer Blindheit im übertragenen Sinn, dem
Nichterkennen der eigenen Situation. Die Befreiung aus dieser
Blindheit (die ja auch der blinde Gitarrenspieler in I
vagabondi erfährt) ist ein musikalisch begleiteter
Erkenntnisprozeß. Pantea viele Figuren der Sette
canzoni, Filomela, der Wanderer in Merlino mastro
d'organi, der Hoffnungslose (il disperato) in Torneo
notturno u.a. gewinnen diese musikalisch vermittelte Erkenntnis
und verwandeln sich. Manchmal steht diese Verwandlung an der Schwelle
des Todes (Pantea, Filomela). Viele dieser Figuren stellen als
Sänger auch eine Künstlerfigur dar, die man als
symbolisches Spiegelbild des Komponisten Malipiero auffassen kann.
Wenn man auch hier den Blinden, «der diese allegrezze
erzählt hat» (quale ha dette queste allegrezze),
als eine von vielen Selbstdarstellungen Malipieros sieht, dann
muß man sich fragen, ob auch hier mit dem signifikanten Wechsel
des musikalischen Materials am Schluß, mit der Enthüllung
der eigenen Blindheit, eine Art Bewußtseinsschub einsetzt, der
die Figur aus der bisherigen Handlung heraushebt und in einen anderen
existenziellen Zusammenhang stellt (wie z.B. auch Pantea). |
Interessant ist, daß
mit dem Moment musikalisch vermittelter Erkenntnis - dem
plötzlichen Materialwechsel - bei Malipiero oft ein Moment der
Trauer einhergeht. Kennzeichen einer solchen angedeuteten Trauermusik
sind die scharfen rhythmischen Punktierungen, ein
«schweres» (pesante) Baßfundament, i.d.R.
aus Quint-/Quartschichtungen, in langsamen Notenwerten, als
Tempobezeichnung oft Lento - hier: Lento
(triste) - und, als Ausdruck des Materialwechsels, eine
«verzerrte» melodische Linie mit
übermäßigen Sekundschritten. So z.B. bei
Pantea: Im Moment der Erkenntnis, als Pantea die Tür nach
draußen öffhet und die «schwarze Figur»
erblickt, setzt eine Art Trauermarsch (la danza della propria
morte) ein, Tempobezeichnung: Lento, molto triste
[68] an den sich eine ähnlich verzerrte Melodie (Un
poco pesante [69] im scharf punktierten Rhythmus
anschließt. Das Intervall der übermäßigen
Sekunde taucht in der chromatischen Wendung nicht auf, wird aber
(indirekt) melodisch umschrieben. |
|
Ähnlich im Rhythmus
ist der Trauermarsch, den der buttafuori am Schluß von
Torneo notturno ankündigt, und auch die
Tempobezeichnungen (Lento, triste assai, später
Un poco pesante [70] passen in das Muster, die Melodik bleibt
jedoch diatonisch: |
|
Dem gleichen die letzten
Takte von Ecuba (1940) mit der Tempobezeichnung Lento
und der mehrmals umschriebenen übermäßigen Sekunde.
Als baßbetonter Lento-Abschnitt ist auch der Augenblick
des Erwachens des principe in La vita è sogno
komponiert. Das Erwachen geht mit der Erkenntnis des neuerlichen
Gefangenseins einher [71]. Das Moment der Trauer beherrscht
auch den vierten Satz (Lento) von Malipieros zweiter und
(ebenfalls Lento) dritter Sinfonie. In der dritten Sinfonie
mit dem Untertitel delle campane gibt es einen
charakteristischen «Trauermarsch»-Abschnitt mit einer
Melodie im doppelt punktierten Rhythmus über einem
"schweren" Fundament aus Quint-/Quartschichtungen,
allerdings diesmal in c-moll: |
|
War im Musiktheater die
Erklärung für das Idiom der Trauer in der Handlung zu
suchen, so muß man hier dagegen auf andere Hinweise, z.B.
biographische Informationen, zurückgreifen. In der
Erklärung., die Malipiero selbst gibt, ist wiederum die Trauer
Reaktion auf eine Erkenntnis: «Die dritte Sinfonie (von den
Glocken) ist mit einem schrecklichen Datum verbunden, dem achten
September 1943 [Tag der Verkündung des italienisch-alliierten
Waffenstillstands]. Am Abend dieses unvergeßlichen Tages
läuteten die Glocken von San Marco, aber sie konnten den nicht
täuschen, der ihre wahre Stimme kannte. Sie läuteten nicht
für den Frieden, sondern um neues Leiden, neue Ängste
anzuktindige.» [72]
|
Den Trauerglocken [73] und
den Stiefeln der deutschen Marschkolonnen, die in der Lagune
widerhallen (s.o., Zitat) ging im dritten Satz (Vivace) eine
unbeschwerte Karnevalsstimmung im «reinen»,
«weißen» C-Dur-Tonmaterial voraus. (Ganz
ähnlich wie früher in der sogenannten Sinfonie in schwarz
und weiß in der siebten der Sette canzoni.) Die
Gegenüberstellung der hellen Glöckchen des Karnevals
(Celesta, Glockenspiel, Triangel, Klavier, Harfe) mit den dunklen
Glocken der Trauer (Kontrabässe, Klavier, Tamtam usw.)
läßt sich als Kontrastprinzip (im Sinne einer allgemeinen
Dramaturgie) auf die beinahe gleichzeitig beendeten Sette
allegrezze übertragen, da es nicht nur im dramaturgischen
Ansatz, sondern auch im musikalischen Material Ähnlichkeiten
gibt. Den Hinweis auf den Karneval gibt in diesem Fall das von
Malipiero vertonte Gedicht selbst. |
Wie weitgehend aber
abstrakte musikalische Momente, wie etwa das beschriebene Moment der
Trauer, mit einem konkreten außermusikalischen Inhalt
gefüllt werden sollten, muß der Hörer selbst
entscheiden. Es ist fraglich, ob die außermusikalische
Erklärung, die Malipiero in einem Fall (der dritten Sinfonie)
gegeben hat, auf andere Werke, insbesondere des Musiktheaters,
übertragen werden kann. |
Allerdings bleiben die
allgemeinen Konstanten (Karneval, Glocken, Gefangenschaft, Blindheit,
Tod, Trauer) in Malipieros Musik für lange Zeit bestehen. Beide
Werke, die Sette allegrezze und die dritte Sinfonie,
außerdem auch die fünf Jahre davor entstandenen Quattro
vecchie canzoni, wurden in der Karnevalszeit komponiert bzw.
beendet. Die groteske Verbindung von Karnevalszeit und Maskerade mit
Tod, Schrecken, Zerstörung, Banalität kommt in
verschiedenen Spielarten in den Sette canzoni, La
mascherata delle principesse prigioniere, La morte delle
maschere, I corvi di San Marco und späteren Werken
(La vita è sogno, I capricci di Callot) vor.
Die Umschreibung von grotesker (schaurig-komischer)
Karnevalsatmosphäre auf das 20. Jahrhundert gehört zu
Malipieros genialer Methode der indirekten Darstellung
musikalisch-thematischer Sachverhalte. |
Die Bekämpfung des
Horrors durch seine übertriebene Darstellung als Mittel der
kollektiven Daseinsbewältigung entstand als Idee Lorenzo de'
Medicis und gelangte im kriegsgeschüttelten Florenz des
ausgehenden 15. und beginnenden 16. Jahrhunderts zur Blüte. Die
vordergründigen Bußgesänge und Selbstdarstellungen
der Handwerkerzünfte, die hintergründig, in einem zweiten
Sinn, Obszönitäten enthüllten, waren charakteristisch
für diese besondere Karnevalsatmosphäre. Das Fortschreiben
dieser Denkweise in neue Kriegszeiten scheint Malipieros Anliegen
gewesen zu sein. Dies nimmt sich im 20. Jahrhundert wie ein Gesang
hinter der Maske aus. Will man in der Zeit des Krieges von der Liebe
singen, so kann man, soll die eigene Kunst wahrhaftig bleiben, dies
nur maskiert tun: in Gestalt eines historisch deplazierten antiken
Helden, einer allegorischen Figur, eines Vogels, eines Narren oder
eines blinden Sängers. Dadurch manifestiert sich der Gesang
insgesamt als ein Zeichen äußerer Tragik des
Künstlers und seiner Kunst, die Abbild einer tragischen,
rätselhaften und fremdartigen Wirklichkeit ist.
|
NOTE
|
[1] Meir Michaelis:
Mussolini and the Jews. German-Italian Relations and the Jewish
Question in Italy 1922-1945. London/Oxford: «The Institute
of Jewish Affairs» - The Clarendon Press 1978, S. 277, Fn.
[2] A.a.O., S. 279.
[3] Ebenda.
[4] A.a.O., S. 279 f.
[5] A.a.O., S. 285.
[6] Endnotiz: Venezia, 18 febbraio MCMXXXX. -
Gian Francesco Malipiero: Quattro vecchie canzoni per una voce e
sette istrumenti. Partitur (Reproduktion des Autographs). -
Milano: Suvini Zerboni 1940. - S. 24.
[7] Ebenda.
[8] Michaelis, a.a.O., S. 285.
[9] Wochenbericht «Meldungen zur Lage in
Italien» des SS-Gruppenftihrers Wilhelm Harster für die
Zeit vom 22. bis 29. Januar, auszugsweise abgedruckt in: Europa
unterm Hakenkreuz. Bd. 6: Die Okkupationspolitik des deutschen
Faschismus in Jugoslawien, Gnechenland, Albanien, Italien und Ungarn
(1941-1945). - Berlin|Heidelberg: Hütlüg 1992, S. 395 bis
396.
|
[10] So der Titel
von Mellinis Memoiren: Guerra diplomatica a Salò. -
Cappelli, 1950. - Zitiert nach F. W. Deakin: The last days of
Mussolini. - Middlesex (GB): Penguin 1962|66, S. 332.
[11] Michaelis, a.a.O., S. 405; Deakin,
a.a.O., S. 252 ff.
[12] Endnotiz: Venezia, 14 Febbraio
1945. - Gian Francesco Malipiero: Terza Sinfonia.
Partitur. - Milano: Suvini Zerboni 1947. - S. 70.
[13] Endnotiz: Venezia, 16 febbraio
1945. - Gian Francesco Malipiero: Le sette allegrezze
d'amore (da Lorenzo de' Medici) per una voce e 14 istrumenti.
Partitur (Reproduktion des Autographs). - Milano: Suvini Zerboni
1946. - s. 18.
[14] Tagesmeldung der Wehrmachtsführung
vom 20. Februar 1945. - In: Die geheimen Tagesberichte der
deutschen Wehrmachtsführung im Zweiten Weltkrieg 1939-1945.
(Aus den Akten im Bundesarchiv| Militärarchiv Freiburg i. Br.;
Hg. Kurt Mehner) Bd. 12: 1. Januar 1945 - 9. Mai 1945. -
Osnabrück: Biblio 1984, S. 199 bis 201. - S. 199.
[15] S. Europa unterm Hakenkreuz, Bd.
6, S. 410.
[16] Michaelis, a.a.O., S. 406.
[17] Ebenda.
[18] Tagesmeldung der Wehrmachtsführung
vom 28. April 1945, a.a.O., S. 409.
[19] I musicisti che nel 1940 non erano minacciati
direttamente non si mossero, ma a poco a poco son venuto a trovarsi
bloccati nelle vicinanze dei fluttuanti campi di battaglia. [Gian
Francesco Malipiero: Risveglio:
primavera 1945. - In: Il
filo d'Arianna. Saggi e fantasie. - Torino: Einaudi
1966, S. 128 bis 135. - S. 133.]
[20] «Ventitrè anni sono passati
dal giorno in cui le campane dei comuni squillarono per la vittoria
di una nascente dittatura.» Risveglio: primavera 1945,
a.a.O., S. 128.
[21] Jürg Stenzl: Von Giacomo Puccini
zu Luigi Nono. ltalienische Musik 1922 - 1952: Faschismus
- Resistenza -Republik. - Buren: Knuf 1990. - S. 118.
[22] Ebenda.
[23] Stenzl a.a.O., S. 118 ff.
[24] So z.B. die Orts-|Zeitangabe am Anfang
der Oper La vita è sogno (1940|41): Senza luogo
né tempo in un mondo di fantasia. - Gian Francesco
Malipiero: La vita è sogno. Tre atti e quattro quadri
(da Calderon de la Barca). Klavierauszug. - Milano: Edizioni Suvini
Zerboni 1942. (Vor S. 1.)
[25] Michaelis, a.a.O., S. 152 ff. und 163
ff.
[26] In diesem Zusammenhang fällt auch
die Datierung der veröffentlichten Werke auf: an die Jahreszahl
angehängt notiert Malipiero in römischen Ziffern das Jahr
der «faschistischen Ära», eine Zählung, die auf
Mussolinis Machtübernahme 1922 zurückgeht. Dieses in den
dreißiger und vierziger Jahren übliche Anhängsel der
Jahreszahl bei Veröffentlichungen findet sich auch in
Faksimile-Ausgaben von Malipiero-Partituren, so z.B. bei den
Quattro vecchie canzoni (Mailand 1940), wurde also jedesmal
von Malipiero selbst vermerkt. Allerdings müßten, will man
Malipieros innere Einstellung beurteilen, auch die nicht
veröffentlichten Manuskripte auf entsprechende Eintragungen
überprüft werden.
|
[27] Fiamma
Nicolodi: Musica e musicisti nel ventennio fascista. - Fiesole:
Discanto 1984. (Briefe und andere Dokumente S. 306 ff., Dokumente zu
Malipiero S. 348 bis 370.)
[28] «Sarebbe una gioia per me di
collaborare alla rinascita musicale fascista e la prego di teuer
presente che ho elaborato un piano completo che off-ro a lei quale
testimonianza della mia grande ammirazione e con spirito
francescanamente disinteressato.»
Brief Malipieros an Mussolini vom 19. April 1926,
abgedruckt in: Nicolodi, a.a.O., S. 348 bis 349.
[29] Nicolodi, a.a.O., S. 358. - Vgl.
Malipieros Erläuterung des Projekts: Gian Francesco Malipiero:
«Dall'urlo al canto». - In: Critica Fascista (Rom), 1.
April 1933, S. 136 bis 138.
[30] Nicolodi, a.a.O., S. 358.
[31] Alberto Cesare Alberti: Il teatro nel
fascismo: Pirandello e Bragaglia. Documenti inediti negli archivi
italiani. -Roma: Bulzoni 1974. - S, 215 f.
[32] Siehe Nicolodi, a.a.O., S. 359 ff., vgl.
Stenzl, a.a.O., S. 118 ff.
[33] Nicolodi, a.a.O., S. 367.
[34] Harvey Sachs schätzt Bottai als
«einen der intelligenteren und weniger gemeinen Gefolgsleute
Mussolinis» ein. Harvey Sachs: Music in Fascist Italy. -
London: Weidenfeld and Nicolson 1987, - S. 20.
[35] Siehe Nicolodi, a.a.O., S. 368 ff.
[36] A.a.O., S. 368.
[37] Seit Anfang September 1943. - Alberto
Mantelli: Prospetto cronologico della vita e delle opere di Gian
Francesco Malipiero. - In: «L'approdo musicale» 3 (H.
9, Januar-März 1960), S. 163 bis 204. - S. 194.
[38] Mantelli, a.a.O., S. 195.
[39] Luigi Nono: Erinnerung an zwei Musiker. (Zuerst unter
dem Titel Ricordo di due musicisti, in. «Cronache
musicali Ricordi», 1973, Nr.3, S. 1 bis 3) - In: Luigi Nono.
Texte. Studien zu seiner Musik. (Hg. Jürg Stenzl)
-Zürich/Freiburg: Atlantis 1975, S. 175 bis 176. - S.
175. |
[40] «Les
allemands ont invahi l'Italie. J'ai entendu le bruit de leurs pas, de
leurs lourdes bottes annoncer la mort les martyrs. Les cloches
effaçaient tout cela; elles creaient un état
d'âme spécial. Voilà ma Troisième Symphonie écrite
dans un des moments les plus terribles: fin de l'année 1944 et
commencement de l'année 1945! Avez-vous jamais entendu, de la
lagune, Venise toute vibrante de ses cloches? Elle devient un grand
instrument de musique...» (Gian Francesco Malipiero: Brief
an Alois Mooser, zitiert nach Mantelli, a.a,O., S. 195.)
[41] Hartmann notierte auf dem Titelblatt
seiner Musik der Trauer (1939, Erstfassung des 1959 bei Schott
veröffentlichten Concerto funebre): «Allen
brüderlich gesinnten Menschen / droht der größte
Wahnsinn / das gemeinste Verbrechen: / der Krieg.» Das
Autograph der Partitur wird in der Städtischen Musikbibliothek
München aufbewahrt (D-Msm, M. 1214).
[42] «Ispirato da questa guerra "le
pause del silenzio" non avrebbero potuto esprimere che il
terrore, la morte». - G. F. Malipiero: Risveglio: primavera 1945, a.a.O., S. 132.
[43] HS [Harvey Sachs]: What was the attitude
of the musicians of the 'Generation of 1880' towards fascism?
GP [Goffredo Petrassi]: «Virtually all
of them went along with it. In what spirit? Each according to his own
personality. [...] Malipiero was the most petulant. He wrote letters
to everyone, complained about not being played and about being
misunderstood, and was always asking for help. I know this because,
during my ten months at the Ministry, Malipiero was constantly
applying to De Pirro. Perhaps in a slightly ironic vein, but also
with a great deal of hysteria.»
Sachs, a.a.O., S. 145.
[44] «Pur vivendo preoccupati per le
sorti della nostra civiltà, si tentava di reagire immaginando
grandi imprese. Navigamo coi nostri eroi verso spiagge che esistevano
solo nella nostra fantasia e c'incontrammo con Enea, con
Didone.» G. F. Malipiero: Risveglio: primavera 1945, a.a.O, S. 132 f.
|
[45] Lento, non
troppo.: G. F. Malipiero: Sette canzoni. Autographe
Partitur, S. 1 (die Partitur wird bei J. & W. Chester Ltd.,
London, aufbewahrt); Lento, non troppo però: G. F. Malipiero:
Quattro vecchie canzoni. Partitur, Faksimile des Autographs. -
Milano: Edizioni Suvini Zerboni 1940. - S. 1.
[46]
Regieanweisung, Partitur, S. 1.
[47] «il fosco periodo romano
(1916-20)» - Gian Francesco Malipiero: La Cornacchia di
Asolo (a Mario Labroca). - In: Il
filo d'Arianna, a.a.O., S. 136 bis 155. - S. 144.
[48] «Nel 1914 la guerra sconvolse tutta
la mia vita che, fino al 1920, fu una perenne tragedia.» -
Kommentar Malipieros zu Le pause del silenzio, abgedruckt in:
L'opera di Gian Francesco
Malipiero. - Treviso: Canova 1952. -S.224.
[49] Beispiele wären die Sonata a
tre (1926/27) oder das Concerto di concerti, ovvero
dell'uom malcontento (1959/60).
[50] «Di fuori imperversa un uragano di
ferro e di fuoco» (einleitende Regieanweisung). - G. F.
Malipiero: Pantea. Dramma
sinfonico. Klavierauszug (vierhändig). - London: Chester 1920. -
S. 1.
[51] «[...] dieses Drama stellt den
Alptraum des Rückzugs von Caporetto dar (1917), dem ich mit
soviel Entsetzen gegen meinen Willen beiwohnen mußte.»
«[...] questo dramma rappresenta l'incubo della
ritirata di Caporetto (1917) che a tanti orrori mi fece mio malgrado
assistere. - Gian Francesco Malipiero: La Cornacchia di Asolo,
a.a. 0., S. 139.
|
[52] Vgl. Gian
Francesco Malipiero: Orfeo ovvero l'ottava canzone.
Klavierauszug. - London/Genf: Chester 1922. - S. 35ff
[53] «Usignuolo sì - ma merlo, ma
merlo no.» - G. F. Malipiero: Tre commedie goldoniane
III. Le baruffe chiozzotte. Partitur. - Milano: Ricordi 1923.
- S. 12.
[54] Le aquile di Aquileia, erster Teil
der Musiktheater-Trilogie Il mistero di Venezia, 1928.
[55] I corvi di San Marco, dritter Teil
der Trilogie Il mistero di Venezia und Del corvo e sua
madre aus Cinque favole (Singstimme und kleines
Orchester), 1950.
[56] La fenice, dritter Teil von
Filomela e l'Infatuato (Musiktheater), 1925.
[57] Musiktheater, 1940-41.
[58] «L'uccello nasce, e le penne son
fiori, mazzi di fiori le ali. Meravigliosamente vestito esce dal nido
e taglia col suo volo leggero lo spazio. Ed io che ho un'anima sono
prigioniero. - G. F. Malipiero: La vita è sogno.
(Klavierauszug), a.a.O., S. 10 f.
[59] So auch Chaim/Nono: «Dico addio a
tutti e piango.» - Luigi Nono: Il canto sospeso.
Studienpartitur. - Mainz: Ars-Viva-Verlag 1957, S. 49 f. - Nach allen
grotesken Verwicklungen erreicht auch die Orpheus-Figur am
Schluß der Trilogie L'Orfeide diesen Stand:
«correte, o lagrime [...]» - G. F. Malipiero: Orfeo
ovvero l'ottava canzone. Klavierauszug. -London/Genf. Chester
1922, S, 43. (Die enge Verwandtschaft der Musik mit dem Weinen
betonte auch Theodor W. Adorno: Philosophie der neuen Musik. -
Frankfturt: Suhrkamp (5. Aufl.) 1989, S. 122.)
|
[60] «Anche
ieri vidi tutto come ogni io vedo ed era un sogno.» und
«Accetto di vivere questo nuovo sogno.» - La vita
è sogno, Klavierauszug, a.a.O., S. 123 f. und S. 127.
[61] Klavierauszug, a.a.O., S. 18.
[62] «[...]m'accorsi allora d'aver
generato un mostro.» - Klavierauszug, a.a.O., S. 37.
[63] Klavierauszug, a.a.O., S. 18.
[64] «Io ero forse un leone addormentato
[...]» - Klavierauszug, a.a.O., S. 130 f.
[65] Klavierauszug a.a.O., S. 62 ff.
[66] Vgl. Kommentar Malipieros in: G. F.
Malipiero: L'armonioso
labirinto. Teatro da musica 1913-1970. [kommentierte
Librettosammlung] - Venezia: Marsilio 1992, S. 295.
[67] «[...] das Element das in der
Medici-Canzone lediglich den Zweck der Komik hat erfährt zu
seinem Bedauern den tragischen Reflex einer Daseinsbedingung, die
sich im Theater Malipieros - vom Blinden der Sette canzoni zum
Bonaventura im dritten Bild der Metamorfosi - nach und nach in
der topischen Figur des Blinden kristallisiert.
«[...] l'elemento che nella canzone medicea ha
uno scopo semplicemente comico, subisce suo malgrado il riflesso
tragico di una condizione esistenziale che nel teatro di Malipiero -
dal cieco delle Sette canzoni al Bonaventura del terzo quadro
delle Metamorfosi - viene via via cristallizzandosi nella
figura topica del cieco.
Laura Zanella: Quasi come le «Sette
canzoni». [Zu den Texten der Sette allegrezze und der
Quattro vecchie canzoni] - In: Isolamenti 1938-1945.
[Programmheft zum Veranstaltungszyklus über Musik während
des Krieges, Venedig, Padua, Treviso u.a., 4. Dezember 1995 bis 26.
März 1996], S. 40.
[68] G. F. Malipiero: Pantea. Dramma sinfonico.
Klavierauszug zu vier Händen. - London: Chester 1920. - S.
56.
[69] A.a.O., S. 57. |
[70] G. F.
Malipiero: Torneo notturno. Sette nottuni. Klavierauszug. -
Berlin: Bote & Bock 1930. - S. 110 u. 112.
[71] Klavierauszug, a.a.O., S. 92 f.
[72] «La Terza sinfonia (delle
campane) è legata a una data terribile, all'otto settembre
del 1943. Al tramonto di quel giorno indimenticabile, le campane di
S. Marco suonarono, ma non poterono ingannare chi conosceva la loro
vera voce. Non squillavano per la pace, ma per annunziare nuovi
tormenti, nuove angosce.» - Kommentar Malipieros zur dritten
Sinfonie, in: L'opera di G. Francesco
Malipiero. - Treviso: Canova 1952, S. 233.
[73] Auch in La vita è sogno
werden, zu Beginn des dritten Aktes, die Glocken als
Todesverkünder interpretiert. (Klavierauszug, a.a.O., S. 93.)
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