Tilman Schlömp

GESANG HINTER DER MASKE

QUATTRO VECCHIE CANZONI
UND
LE SETTE ALLEGREZZE D'AMORE

VON GIAN FRANCESCO MALIPIERO
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Più dolce assai quest'allegrezza quarta
se ti conduci a dir qualche parole
a solo a solo a far del tuo cor carta
e dire a bocca ben dove ti duole


Lorenzo de' Medici / G. F. Malipiero
(Le sette allegrezze damore)

...se il cielo fosse carta e tutti i mari del mondo
inchiostro non potrei descrivervi le mie sofferenze
e tutto ciò che vedo intorno a me.


Chaim / Luigi Nono
(Il canto sospeso)

I
Was ist das Papier, was die Tinte? Klein der Raum, den ein verliebtes Herz braucht, um sich auszudrücken, aber dies geschieht zurückgezogen in die Isoliertheit des Innenraumes, 'a solo a solo'. Das Außen jedoch, wenn es der Banalität einer Todesmaschinerie anheimgefallen ist, kann nicht genannt werden, selbst wenn man den Himmel mit Salzwasser beschreiben wollte. Die Frage, ob eine künstlerische Äußerung, dann überhaupt möglich ist, ist gleichbedeutend mit der, ob ein Rückzug vom Außen ins Innen möglich ist, ohne sich zu verleugnen.
Das dürre Datengerüst, das die fünf Kriegsjahre in Italien und die Entstehung der beiden Werke Quattro vecchie canzoni und Le sette allegrezze d'amore (sie bilden Anfangs- und Endpunkt dieses Zeitraumes) verknüpft, kann also nur eine grobe chronologische Orientierung sein, ohne auch nur eine Andeutung des dahinter stehenden Leidens formulieren zu wollen:
1. September 1939: Kriegsbeginn.
4. September 1939: Beginn von Massenverhaftungen ausländischer Juden in Norditalien [1].
7. Dezember 1939: Mussolini läßt sich vom Gran Consiglio seine Entscheidung ratifizieren, militärische Unterstützung Deutschlands zurückzuhalten [2].
26. Dezember 1939: Mussolini erfährt von Hitlers Plänen eines Einmarsches in Belgien und Holland und nimmt mehr und mehr eine antideutsche Haltung ein[3].
3. Januar 1940: kritischer Brief Mussolinis an Hitler, in dem er u.a. einen kompromißlosen Krieg gegen die beiden «großen Demokratien» als großes Risiko einstuft [4].
23. Januar 1940: Mussolini sagt seinen Ministern, daß Frankreich und England den Krieg nicht mehr gewinnen könnten, und daß Italien an der Seite Deutschlands kämpfen würde [5].
18. Februar 1940: Malipiero beendet die Komposition der Quattro vecchie eanzoni [6].
26. Februar 1940: Mussolini brüskiert den amerikanischen Botschafter Sumner Welles, der Friedensmöglichkeiten sondiert [7].
18. März 1940: Treffen Hitler-Mussolini am Brenner. Mussolini teilt Hitler mit, Italien werde an der Seite des Reiches marschieren [8].
Fünf Jahre später:
22.-29. Januar 1945: ein SS-Wochenbericht erwähnt wachsende italienische Bereitschaft zum Widerstand und zu Streiks [9].
Februar 1945: «diplomatischer Krieg» [10] in Salò: die SS verhaftet Müssolinis Polizeifunktionär Eugenio Apollonio als «Halbjuden». Der Duce protestiert vergeblich [11].
14. Februar 1945: Malipiero beendet die dritte Sinfonie «delle campane» [12].
16. Februar 1945: Malipiero beendet die Komposition der Sette allegrezze d'amore [13].
20. Februar 1945: Tagesmeldung der Wehrmachtsführung: «Die Versteifung der Bandenlage und die wiederholten Luftangriffe auf die Verkehrswege ins Reich und auf die Häfen Triest, Pola und Fiume in Verbindung mit den fortgesetzten Umgruppierungen des Feindes lassen darauf schließen, daß die Vorbereitungsmaßnahmen der Alliierten für die zu erwartende Frühjahrsoffensive sich dem Abschluß nähern.» [14]
19. April: Bologna durch Partisanen befreit [15]
26. bis 28. April: Genua, Mailand und Turin werden von den Alliierten eingenommen [16].
28. April: Mussolini und Clara Petacci werden von Partisanen gefangen und erschossen [17]; Tagesmeldung der Wehrmachtsführung: «Im Vorstoß nach Nordosten erreichten motorisierte feindliche Kräfte den Raum von Venedig. [18]
Die Entstehung der beiden Werke Malipieros Quattro vccchie canzoni und Le sette allegrezze d'amore umspannt also fast ganz genau den Zeitraum von der Entscheidung Italiens zum Kriegseintritt bis zum endgültigen Ende des italienischen faschistischen Regimes. Diese fünf Jahre erst wurden zur eigentlichen Bedrohung für Malipiero und andere Künstler: «Die Musiker, die 1940 nicht direkt bedroht waren, rührten sich nicht, aber nach und nach kam es, daß sie sich eingesperrt fanden von den nahegekommenen hin und her wogenden Schlachtfeldern» schreibt Malipiero [19]. In demselben Artikel nennt er (wohl erstmals) das Regime beim Namen: «Dreiundzwanzig Jahre sind vergangen seit dem Tag, da die Glocken der Gemeinden für den Sieg einer entstehenden Diktatur läuteten.» [20] Diese Erkenntnis könnte Ergebnis des im Titel angedeuteten «Erwachens» sein (Risveglio: primavera 1945).
Die andere Seite der Medaille zeigt den Enthusiasmus, den er schon früh dem faschistischen Regime entgegenbrachte. Seit der Oper La favola del figlio canbiato (1932/33, auf ein Libretto von Luigi Pirandello), die Jürg Stenzl als «Wendepunkt» in Malipieros Schaffen wertet [21], entstanden Werke, die sich relativ problemlos in die faschistische Ästhetik einordnen lassen und auch teilweise in einem solchen Rahmen erklangen: die Inni («Hymnen») für Orchester, dem Duce-gewidmet und am 6. April 1933 zur Seconda mostra nazionale del Sindacato fascista dei Musicisti uraufgeführt [22], ebenso die Oper Giulio Cesare (193 4/3 5) [23]. Daß sie sich in diese Ästhetik einordnen lassen, bedeutet aber auch, daß sie nicht zwingend auf diesen Zusammenhang verweisen, sondern als selbständige Kunstwerke wenigstens teilweise auch am asketischen Ideal der absoluten Musik festhalten. Während die «offizielle» Musik des nationalsozialistischen Deutschlands ganz offen eine dienende Haltung einnahm, trifft einige Werke Malipieros der leichter wiegende Vorwurf der Beliebigkeit - die Musik als allpassende Begleitung zu einem Sujet, das sich leicht regimetreu umdeuten läßt: Hymnen als Pose der Verehrung, Giulio Cesare als auf der Bühne dargestellte Verherrlichung von Nation und Führerfigur.
Im Gegensatz, zu den «römischen» Werken Malipieros (Giulio Cesare und Antonio e Cleopatra) entziehen sich die Werke aus dem Zeitraum des Krieges einer solchen Einordnung völlig. Durch das Wiederbeleben der Masken entwarf der Komponist aufs neue eine irreale, künstliche Welt, die nur sehr verschlüsselt auf die Wirklichkeit Bezug nimmt (La vita è sogno und I capricci di Callot) [24]. Dieselbe Maskerade und Verschlüsselung findet in den beiden Werken, von denen hier die Rede ist, statt.
II
Malipieros Verhältnis zum Faschismus war ambivalent. Weder läßt er sich als glühender Anhänger des Systems noch als Widerstandskämpfer bezeichnen. Allerdings haben ihn weder Mussolinis Wendung zum Antisemitismus deutscher Prägung [25] noch die Internierungslager und die späteren Massenhinrichtungen von Partisanen und Geiseln, dann allerdings durch deutsche Truppen, zum Protest oder auch nur zu irgendeiner Erwähnung in seinen autobiographischen Notizen bewegt (eine Ausnahme war in einigen Punkten der nach dem Krieg entstandene schon erwähnte Artikel Risveglio: primavera 1945). Zunächst sieht es so aus, als habe sich Malipiero dem Regime gegenüber ausgesprochen opportunistisch verhalten [26].
Anhand der von Fiamma Nicolodi veröffentlichten Dokumentensammlung [27] läßt sich das Verhältnis zum Regime recht gut ablesen. 1926 kündigte Malipiero gegenüber Mussolini seine Bereitschaft an, am Aufbau der faschistischen Musik mitzuarbeiten: «Es wäre mir eine Freude, an der musikalisch-faschistischen Wiedergeburt mitzuarbeiten, und ich bitte Sie, daran zu denken, daß ich einen vollständigen Plan ausgearbeitet habe, den ich Ihnen, als Beweis meiner großen Bewunderung und in einem franziskanisch uneigennützigen Geist, anbiete.» [28] Immer wieder bemühte er sich, durch Übersendung von Widmungsexemplaren seiner Werke und durch Fürsprache D'Annunzios sich Mussofini ins Gedächtnis zu rufen. Er warb für ein idealistisches Projekt des Canto corale bzw. canto della Nuova Italia (1933) [29] und entwarf einen «Tempel der Musik» (tempio della musica, 1937) [30]. Schließlich löste die von Mussolini befohlene Absetzung, der Favola del figlio cambiato vom Spielplan des Teatro Reale in Rom zahlreiche Beschwerde- und Bittbriefe sowie Audienzgesuche (auch von Pirandello [31]) aus, bewirkte aber bei Malipiero noch kein Umdenken, sondern einen neuen Versuch, sich beim Regime ins rechte Licht zu setzen: eben die «römische» Oper Giulio Cesare [32].
In der von Nicolodi veröffentlichten Sammlung fallen jedoch zeitliche Lücken auf: das letzte an Mussolini gerichtete Dokument [33] stammt vom Dezember 1938, das nächste dort abgedruckte Dokument datiert vom Januar 1941, richtet sich jedoch an Cornelio di Marzio. Von dieser Zeit an finden sich nur noch Briefe an den Minister für nationale Erziehung (ministro dell'Educazione nazionale) Giuseppe Bottai [34] und den 'presidente della confederazione nazionale fascista dei professionisti e artisti' Di Marzio, mit denen Malipiero, wie man aus dem Ton der Briefe schließen kann, befreundet oder wenigstens vertraut war [35]. Die Hoffnung auf offizielle Anerkennung durch das Regime hatte er zu diesem Zeitpunkt bereits aufgegeben - der Brief vom 31. Januar 1941, in dem er sich (vergeblich) über den öffentlichen Auftritt Pietro Mascagnis beklagt [36], dokumentiert nur noch die Enttäuschung über mangelnde Unterstützung durch das Regime. In die dokumentarische Lücke, die das ganze Jahr 1940 umfaßt, fällt also offenbar ein Stimmungsumschwung Malipieros, ein geistiger Rückzug vom Regime. In dieser Zeit entstanden auch die Quattro vecchie canzoni.
Das letzte bei Nicolodi überlieferte Dokument stammt vom Juli 1943. In die große zeitliche Lücke bis zum Kriegsende fällt die deutsche Besetzung Italiens, die Zuflucht Malipieros im Conservatorio in Venedig [37] (also jetzt auch ein physischer Rückzug) - und die Komposition des zweiten hier besprochenen Werkes: Le sette allegrezze d'amore.
Zur Zeit der deutschen Besetzung hatte sich Malipieros Einstellung zum Faschismus gewandelt. Er entzog Lehrer und Schüler des Konservatoriums Benedetto Marcello Verfolgungen und Einberufungen zum Militär [38]. Einer seiner glaubwürdigsten Fürsprecher war Luigi Nono:
Ein liebevoll besorgter Meister, wie ich erlebte, als er mich in den Jahren der bestialischen Herrschaft des Faschismus (von 1943-45) als Schüler aufnahm und mir mit seinen Kursen und Seminarien die Tür zwn Studium und Kenntnis jener Musik öffnete, über die damals in Italien ein Bann verhängt worden war: Schönberg, Webern, dazu Dallapiccola und natürlich Monteverdi und die Musik der italienischen Renaissance. [39]
Damals beendete Malipiero auch die Partitur der dritten Sinfonie (am 14. Februar 1945), und er nannte diese Zeit später in einem Brief (an Alois Mooser) einen der «schrecklichsten Momente»:
Die Deutschen sind in Italien einmarschiert. Ich habe den Lärm ihrer Schritte gehört, ihrer schweren Stiefel, die den Tod, die Leiden ankündigten. Die Glocken stellten all dies in den Schatten; sie riefen einen ganz besonderen Gemütszustand hervor. Dies ist also meine Dritte Sinfonie, in einem der schrecklichsten Momente geschrieben, Ende des Jahres 1944 und Beginn des Jahres 1945! Haben Sie jemals, von der Lagune aus, ganz Venedig von seiner. Glocken -vibrieren gehört? Sie wird [so] zu einem großen Musikinstrument... [40]
Der Krieg bedeutete für Malipiero trotz seiner anfänglichen Begeisterung für das faschistische Regime, eines der größten Übel überhaupt, ähnlich wie für den ebenfalls nicht emigrierten Karl Amadeus Hartmann [41]. Die Folgen dieses zweiten Krieges spürte der Komponist noch deutlicher als die des ersten: «Wären sie von diesem [diesem!] Krieg angeregt worden hätten die 'pause del silenzio' nichts anderes als den Schrecken, den Tod ausdrücken können.» [42] Malipiero nimmt allerdings niemals die Perspektive des leidenden Volkes ein, sondern berichtet immer wieder von den eigenen traumatischen Erfahrungen, die bis zum Rückzug von Caporetto 1917 zurückreichen.
Gerade durch diese geistige Fixierung auf die eigene Situation, das eigene Leiden, gab Malipiero wahrscheinlich einen letzten Rest von innerer Reserviertheit auch gegenüber dem Regime niemals auf, denn letztlich sah er sich immer in der Rolle des Anklägers der «falschen» Musik und der gegen ihn intrigierenden Musiker - so ließe sich die in einem Interview mit Harvey Sachs geäußerte Einschätzung Goffredo Petrassis erklären:
HS [Harvey Sachs]: Wie war die Einstellung der Musiker der «Generation von 1880» gegenüber dem Faschismus?

GP [Goffredo Petrassi]: Im Grunde zogen sie alle mit. In welcher geistigen Einstellung? Jeder nach seiner eigenen Persönlichkeit. [...] Malipiero war der nörglerischste. Er schrieb an jeden Briefe, beschwerte sich, daß er nicht gespielt würde, und daß er mißverstanden würde und bat ständig um Hilfe. Ich weiß das, weil Malipiero sich, während meiner zehn Monate am Ministerium, ständig an De Pirro wandte. Vielleicht mit leicht ironischem Anklang, aber auch mit viel Hysterie.[43]
III
Trotz aller «Hysterie» persönlicher Besorgnisse, Blindheit für die Nöte anderer (wenigstens zu Beginn des Krieges) hat sich Malipiero in der eigenen Kunst seit etwa 1940 einer Einordnung in die faschistische Ästhetik völlig entzogen. Die Auseinandersetzung, die nach wie vor in seiner Musik stattfindet, wird auf einer anderen inhaltlichen Ebene ausgetragen: «Wenn wir auch in Besorgnis über das Schicksal unserer Zivilisation lebten, so versuchte man doch, [darauf] zu reagieren, indem man sich große Unternehmungen ausdachte. Wir steuerten mit unseren Helden auf Gestade zu, die nur in unserer Fantasie existierten, und wir trafen uns mit Aeneas, mit Dido.» [44] Die Verlegung des Spiels auf eine mit den Termini des Faschismus' nicht mehr greifbare Ebene bedeutet jedoch nicht automatisch den Verzicht auf künstlerische Reflexion, wohl aber den Verzicht auf die Schaffung einer affirmativen Kunst.
Malipiero hält sich eine Maske aus alter Poesie und alten Liedformen vor, und er weist auch darauf hin, z.B. durch die an sich unnötige Betonung des Alten: Quattro vecchie canzoni -Malipieros Canzoni sind jedoch, was die Textwahl betrifft, immer alt, so alt, wie der literarische Begriff der Canzone. Die doppelte Verneinung der Aktualität gibt vielleicht eher einen Hinweis darauf, daß die Lieder so alt sein wollen, wie «alte» zeitgenössische Kunst eben nur sein kann, ist also deren versteckte Bejahung. Wenn man hinter diese Maske blickt, dann zeigen sich in verschiedenen Werken und auch hier versteckte Hinweise auf die persönliche künstlerische und weltanschauliche Entwicklung des Komponisten.
Die Quattro vecchie canzoni greifen in vielerlei Hinsicht auf Malipieros alte Canzonenform zurück, nicht nur auf die der Sette canzoni, sondern auch auf die drei Canzoni des Nero (Orfeo ovvero l'ottava canzone) und die Tre poesie di Angelo Poliziano (1918-1920). Vier kurze, einteilige Canzoni (eine Canzone a ballo und drei Sonette, also jeweils nur eine Strophe) bilden, wie die «Kern»-Canzoni der Orfeide, eine in sich geschlossene Einheit, werden aber durch kurze Zwischenspiele ohne Unterbrechung miteinander verknüpft. Dabei fällt die relativ lange instrumentale Einleitung auf, die eigenes (von den folgenden Canzoni unabhängiges) musikalisches Material hat, auf das eine kurze Reprise vor dem vierten Lied noch einmal zurückgreift. Warum diese lange Einleitung? Im Gegensatz zur Canzone in der Oper war sie aus dramaturgischen Gründen («Exposition» auf der Bühne) nicht notwendig. Oder findet hier eine Exposition ohne Bühne statt, ein imaginäres Theater? Dieses vorangestellte Motto erinnert in der Tat an die Eingangsstimmung der Sette canzoni.
Die Ternpobezeichnung (Lento, non troppo [però] [45] Dynamik (p), Takt (3/4), Rhythmus (Melodielinie aus Achtelnoten und Triolen), melodisch-harmonische Basis (dorisch auf e, in Sette canzoni jedoch mit Beimischungen u.a. des künstlichen Modus' der Flöten|Oboen-Melodie) und die Instrumentierung (Flöte und Oboe als Melodieinstrumente, später Klarinette, Fagott und Horn, darunter ein Streicherfundament) stimmen überein, sogar die melodischen Linien weisen einige Ähnlichkeiten auf.
Wenn Malipiero einen Bezug zur Abendstimmung (le prime ore di sera [46]) der ersten Canzone I vagabondi herstellen wollte, dann könnte er auch eine gedankliche Parallele zu seiner persönlichen Situation in dieser Zeit gezogen haben. Die Sette canzoni entstanden 1918 in Rom, wohin der Komponist nach dem österreichischen Frontdurchbruch bei Caporetto hatte fliehen müssen. Er selbst bezeichnete seine Zeit in Rom als «düster» [47], und im Kriegsjahr 1942 kommentierte er diese Zeit des ersten Weltkriegs mit den Worten: «1914 verwirrte der Krieg mein ganzes Leben, das, bis 1920, eine Tragödie ohne Ende war.» [48] Fühlte er sich bei Ausbruch des zweiten Weltkrieges in einer ähnlichen Stimmung?
Wie in I vagabondi ist dieser Lento-Abschnitt auch hier eine Einleitung, die die eigentliche Canzone nicht berührt. Diese hat jeweils eine eigene musikalische Entwicklung. Allerdings gibt es inzwischen deutliche Unterschiede zum früheren Canzonenprinzip: die damals relativ strenge Einteilung in Strophen und harmonische Ebenen ist hier aufgehoben, eine ausgedehnte Steigerung über sich verkürzende Elemente, die auf einen Höhepunkt, meist kurz vor Schluß, zielt, gibt es hier nicht mehr. Insgesamt sind diese späteren Canzoni viel einheitlicher und wesentlich kontrapunktischer gearbeitet, dafür harmonisch nicht mehr so variabel.
Die erste Canzone wird von einem einfachen Steigerungsprinzip zusammengehalten. Sie beginnt mit der Vorimitation des Vogels («E per un bel cantar dun merlo») durch die Flöte. Die in punktierten Noten umschriebene Terz wird in Tonhöhe und Dynamik gesteigert:f2 | d2 - a2 | f2 - fis2 | d2 - cis3 | a2 - e3 | cis3. Die höchsten Töne der Amsel fallen mit den tiefsten Tönen des Basses (Cis) zusammen. Diese Betonung der letzten Liedzeile vollzieht einerseits die Struktur der zugrunde liegenden Gedichte nach, denn aus den Reimen auf «io» - sie verbinden diese Canzone mit der folgenden - ist der Endreim des letzten Verses deutlich herausgehoben: «Ché gli parlava del suo linguaggio / e la bella non lo 'ntendeva. - Fior di virtù si è gentil coraggio (Dieser letzte Vers wäre dann der Beginn dessen, was die Amsel der «Schönen» mitteilen möchte, ohne doch jemals verstanden zu werden.) Andererseits verweist Malipiero damit aus der Canzone heraus auf sich selbst. Schon die «fatalistische» Betonung des Tritonus' am Schluß der Flöten-Phrase und in der «Antwort» des Kontrabasses lassen sich symbolisch deuten.
Darüber hinaus ist das gesamte Klanggeschehen auf diesen ersten sieben (!) Seiten der handschriftlichen Partitur mit Kreuz-Vorzeichen (und Auflösungszeichen) notiert. Blättern wir um auf die achte Seite, so sehen wir das Nachspiel (und später die gesamte zweite Canzone) in der optisch dunkler erscheinenden Farbe der b-Vorzeichen notiert. Wenn diese chiaroscuro-Schreibweise den Wechsel von verstandener zu nicht verstandener (Musik-)Sprache anzeigen soll, dann ist Malipiero selbst offenbar der Sänger, der in «seiner Sprache» (s.o.) nicht verstanden wird. Ähnliche Situationen tauchen immer wieder in Malipieros Musiktheater auf (L'ubbriaca, Orfeo ovvero l'ottava canzone, Filomela e l'Infatuato usw.). Hier allerdings erhellt sich die außerinusikalische «Bedeutung» der Canzone nicht durch das Bühnengeschehen (das seinerseits oft nur kryptische Hinweise gibt), sondern über die Verknüpfung von Musik und Text bei Einbeziehung von Malipieros Biographie. Diese verschlüsselten autobiographischen Bezüge machen deutlich, daß der Komponist diese Werke wenigstens ansatzweise (wie andere davor und danach [49]) als ein imaginäres Theater betrachtete - das (wie sein «wirkliches» Theater) von ihm selbst handelte.
Die zweite Canzone Fior di virtú greift mit dem Ostinato der Viola den Ruf der Amsel aus der ersten Canzone rhythmisch auf. Die Aufteilung des Sonetts zunächst in zwei Quartette durch das kontrastierende Material und die Instrumentenverteilung erscheint zunächst ganz selbstverständlich, dann aber wird durch die Beibehaltung der schlichteren Begleitung im ersten Terzett und einem weiteren Vers und, demzufolge die Reprise des Ostinatos erst im vorletzten Vers die formale Betonung ganz auf den Schluß gelegt: «e poter di virtù è sofferenza: tutta virtù è render ben per male». (Malipieros eigenes Leiden - eigene Tugend?)
Das Zwischenspiel greift wieder auf die Stimmung der Einleitung zurück und leitet mit Temposteigerung und Crescendo zur dritten Canzone über. Hier werden die verbalen Schrecken («Grifon», «lupi», «leon» usw.) durch extreme Lagen der Instrumente (insbesondere Horn und Kontrabaß), Wechsel von glissandi und 'pizziccati' usw. tonmalerisch dargestellt.
Diese forte-fortissimo-Darstellung faßt die beiden Quartette des Sonetts zusammen. Geht man zu weit, wenn man in dem «Sturm», den «folgori» (Blitzen), den «corsari» (Seeräubern) und «sagittari» (Schützen) auch eine Darstellung des Krieges (die fünf Monate zuvor mit dem deutschen Angriff auf Polen begonnen hatte) sieht? Die Assoziation von Sturm und Krieg hatte Malipiero schon einmal 1917/18 mit Pantea, auf die Bühne gebracht - dort spricht er in der einleitenden Regieanweisung von einem «Sturm von Eisen und Feuer» [50], meint aber den Krieg [51]). (Auch in Pantea werden, eben im Zusammenhang mit diesem «Sturm», extreme Lagen der Instrumentengruppen betont.)
Die abrupte Wendung in der dritten Canzone vom 'fortissimo' zum 'pianissimo' fällt auf den Vers: «ma io, che non son tal, perché discerno com'orribil fuggirmi a chi non torna fuggita [...]. Distanziert sich mit dem lyrischen Ich auch Malipiero selbst von diesen Schrecknissen? Wird er -wie der «Teufel aus der Hölle» («il diavol dell'inferno») - gemieden? Die Möglichkeit einer Dechiffrierung ist ungewiß.
In diese Stimmung der Einsamkeit fällt die Reprise der Lento-Einleitung (sieben Takte), an die sich sofort die vierte Canzone anschließt. Hier werden, anders als in den vorhergehenden Canzoni, auch melodische Elemente der Zwischenspiele verarbeitet. Musikalisch stellt dieses kurze Lied deshalb eine Art Zusammenfassung des bisherigen Geschehens dar. Vielleicht läßt sich diese Zusammenfassung auch als inhaltlicher Abschluß interpretieren. Die Aussage der ersten drei Lieder gipfelte im Nicht verstanden werden, im Leiden und in der Einsamkeit des lyrischen Ich bzw. des Künstlers. Hier jedoch steht die schillernde Metapher der Blume im Mittelpunkt. Hat sie eine definitive Bedeutung, steht sie für Liebe? Für Menschlichkeit? Für Musik? («E della fior son fatto servidore») Ist die «Blume» gleichbedeutend mit der «Gnade» der «Madonna» («Vostra mercè, Madonna, fiore aulente.»)? Jedenfalls klingt das Werk mit demselben Motiv der Einsamkeit aus, mit dem es begonnen hatte. Wie weit man auch bei der Übertragung der musikalischen Aussage, auf Malipiero selbst gehen will - es bleibt die Tatsache, daß am Aufbruch Italiens in den Krieg eine zutiefst pessimistische künstierische Äußerung Malipieros- steht.
In einem wesentlich optimistischeren Tonfall beginnen die Sette allegrezze d'amore. Dieses Werk ist, obwohl textlich umfangreicher als die Quattro vecchie canzoni, als eine einheitliche Canzone in mehreren Strophen vertont. Die Einleitungsstrophe und die Beschreibung der «sieben Freuden» werden durch die variierte Wiederkehr derselben Motive zusammengehalten. Malipiero arbeitet hier jedoch nicht, wie in den mehrteiligen Operncanzoni, mit der kontrastierenden Gegenüberstellung der unterschiedlichen Strophen, sondern er schafft durch rhythmische Zusammenfassungen und variiert wiederholte Motive Verbindungen zwischen den Strophen. Eines der exponierten Motive erinnert an die «Amsel» aus den Quattro vecchie canzoni:
Fühlte sich der «Singvogel» Malipiero in diesen letzten Kriegsmonaten eher verstanden? Die harten Gegensätze, das Herausstellen einzelner Verse wie in dem Werk von 1940, lassen sich hier nicht bemerken. Nur ganz sanft werden die «Wunden» der Liebe («lasciando spesso i segni delle piaghe») angedeutet (T. 120). Mit feiner Ironie wird - durch das Wechselspiel der beiden Violoncelli und das con sordina-Spiel der drei Violinen - die letzte «Freude» bzw. «Heiterkeit» der Liebe in Szene gesetzt.
Die Reprisenform vollzieht dabei den inhaltlichen Aufbau nach: die vorher nur wenig ausfigurierten Akkorde im harmonischen Bereich von dorisch auf d begleiten die Einleitung des Sänger-Erzählers («Deh state a udire»), dabei wechselt die Instrumentierung vom Holzbläsersatz zum Streichersatz. Nachdem diese «Vorbemerkung» beendet ist, leitet der Rückgriff auf das fröhliche triolische Anfangsmotiv zum eigentlichen Text («Prima allegrezza...» ) über. Bei der «Reprise» jedoch erscheinen diese Akkorde von vornherein im reinen Streichersatz, in den sich nach und nach die klagende IVª-corda-Melodie der Violine einflicht. Die Rückung von E-Dur zu d-moll-dorisch wird durch das exponierte f (Mollterz) des Fagotts beinahe schmerzlich deutlich gemacht.
Sie fällt mit dem inhaltlichen Sprung von der «età fiorente» (dem «blühenden Alter», d.h. der Jugend) zur «verlorenen Zeit» zusammen («ché perder tempo duole a chi più sa»). Fällt die «verlorene Zeit» möglicherweise auch auf Malipiero selbst zurück? Ein Hinweis darauf könnte die klagende Melodie sein, die zum Lento (triste) überleitet: sie ist beinahe ein Zitat der Canzone del tempo aus Torneo notturno.
Malipiero nutzt also die Reprisenform, um in die Erzählung von den Sette allegrezze hineinzuführen, und um dann aus ihr heraus wieder in die Rolle des reflektierenden Erzählers zu fallen, gleichzeitig aber, um durch das Einflechten des Neuen, Fremdartigen in die schon bekannten Harmonien einen Hinweis auf den veränderten Erkenntnisstand des Erzählers zu geben. Dieser musikalisch angedeutete Erkenntnisprozeß scheint dem Komponisten wichtiger zu sein als die nur «begleitete» Erzählung selbst.
Das Umschlagen der Stimmung, das kurz darauf mit dem Lento-(triste)-Abschnitt folgt, ist an sich die typische Schlußwendung einer mehrteiligen Operncanzone bei Malipiero. Eine neue harmonische Stufe wird erreicht, und neues musikalisches Material wird eingeführt, das sich von dem bisher benutzten völlig unterscheidet. Zwar ist hier der Kontrast in den musikalischen Parametern Melodie, Rhythmus, Tonart, Tonhöhe usw. nicht so radikal wie im Musterbeispiel der Malipiero-Operncanzone (der dritten Canzone des Nero in Orfeo ovvero l'ottava canzone), aber gerade die charakteristische melodische Fremdartigkeit der übermäßigen Sekunde wendet Malipiero auch hier an [52].
War eine solche Wendung als autonom musikalische Gestaltung in dem genannten Musik-theater-Beispiel völlig unabhängig vom vertonten Text, so fällt sie hier mit einem signifikanten inhaltlichen Einschnitt zusammen: der Mitteilung von der eigenen Blindheit. Ein solches Zusammenfallen fordert zur Interpretation außerhalb des engen Kontextes des Gedichtes bzw. des lyrischen Ich heraus. Wollte Malipiero an dieser Stelle aus dem Text heraus, über die Blindheit des lyrischen Ich, auf seine eigene Blindheit verweisen? Schließt das, im Januar 1945, möglicherweise, über eine allgemeine human-emotionale Blindheit hinausgehend, auch die ganz spezielle Blindheit des Komponisten gegenüber dem Faschismus ein?
IV
Einige der hier vorkommenden Topoi tauchen in den Werken Malipieros immer wieder auf Dazu gehört die Figur des Künstlers bzw. Sängers als Vogel. Der Vogelgesang, der schon in den ersten Impressioni dal vero stilisiert dargestellt wird, ist für Malipiero offenbar eine symbolische Verbindung zwischen Natur und Kunst. Oft wird der Sänger mit dem Vogel gleichgesetzt. Die Figur des Toffolo in Le baruffe chiozzotte spielt sogar mit den Vogelarten und läßt sich nur mit der einen vergleichen: «Nachtigall ja - aberAmsel, aber Amsel nein.» [53] Im weiteren Sinne lassen sich alle Vögel in Malipieros Werken symbolisch deuten: Le aquile (die Adler) [54], I corvi (die Raben) [55], La fenice (der Phönix) [56]. Darüber hinaus ist der Vogel (die Nachtigall) auch das Spiegelbild des Künstlers selbst, im Mittelteil L'usignuolo (die Nachtigall) von Filomela e l'Infatuato. Hier kann die als Prinzessin dargestellte Filomela den Gesang der Nachtigall nicht ertragen - weil sie (das wird direkt nicht gesagt) als gefangener Sänger die Situation der Filomela, der gefangenen Sänger-Tänzerin, die von der Menge, vom «Silberprinzen» und vom «Betörten» bedrängt wird, unbarmherzig widerspiegelt. Und dies ist natürlich auch die Situation, in der sich wenigstens ansatzweise Malipiero selbst sah.
Aber die Situationen variieren. Eine Entschlüsselung ist nicht immer möglich, die Deutung ist also nicht geradlinig, sondern verschlungen und vielschichtig. Das Symbol des Vogels taucht in unterschiedlichen Zusammenhängen auf. So sieht sich der Prinz («il principe», der Sänger, der Künstler) in La vita è sogno [57], den Malipiero wohl teilweise autobiographisch angelegt hat, gerade im Gegensatz zum Vogel: «Der Vogel wird geboren, und die Federn sind [wie] Blumen, Blumensträuße die Flügel. Wundervoll gekleidet verläßt er das Nest und teilt mit seinem leichten Flug den Raum. Und ich, der ich eine Seele habe, bin gefangen. [58]
Gefangenschaft ist jedoch bei Malipiero schon beinahe eine unvermeidliche Daseinsform und äußert sich sehr unterschiedlich. Der Vogel ist, wie Lorenzos Liebespaar, wie der Junge Chaim, der hingerichtet werden wird, vielleicht sogar in seinem «leichten Flug» gefangen, wie es beinahe alle Vögel in Malipieros dramatischen Konstruktionen sind. Die Freiheit kann man, folgt man diesen Handlungsentwürfen, sich erst erwerben - im Moment des Abschieds, des Todes, des Weinens [59] -durch die Erkenntnis der eigenen Gefangenschaft und der Relativität aller Freiheit, so daß das eigene Handeln allen Ausnahmepersonen (Künstlern, Prinzen, Sängern...) die Verantwortung aufbürdet, mit fremder und eigener Unfteiheit umzugehen.
Die Erkenntnis der doppelgesichtigen Gefangenschaft aller Lebewesen führt in diesen späteren Werken Malipieros zu einem Ethos der Verantwortlichkeit gegenüber anderen Menschen. Die Lehre, die dieser mittlere Abschnitt in Malipieros Schaffen verkörpert, hat sich gegenüber der früheren gewandelt: vom entschlossenen Schritt Panteas, aus dem Gefängnis auszubrechen, worauf sie dem Tod entgegensieht, zur verstörten Erkenntnis, im Gefängnis leben zu müssen, weil die imaginierte Freiheit nichts anderes bedeutet. In diesem Zusammenhang erklären sich die letzten Sätze des principe in La vita è sogno: «Auch gestern sah ich alles wie ich es heute sehe, und es war ein Traum.» und «Ich akzeptiere, diesen neuen Traum zu leben.» [60]
Auch hier ist es wahrscheinlich, daß Malipiero die beiden Hauptfiguren Prinz und König autobiographisch gedacht hatte. Aber wie konkret darf diese Deutung sein? Das dramaturgisch hochkomplizierte symbolisch befrachtete Gebilde dieser Oper gibt nur einige Anhaltspunkte: der Prinz, der das Lied von der Freiheit der Vögel sing nennt sich selbst «Ungeheuer» («mostro» [61]) und wird von seinem Vater ebenso genannt. [62] Malipiero hat auch andere Figuren, die als männliche Sänger-Künstler unverkennbar auch autobiographisch gemeint sind, direkt oder indirekt als «Ungeheuer» bezeichnet, so z.B. den «Betörten» (l'Infatuato) in Filomela e l'Infatuato oder den buckligen Narren (Il buffone gobbo) in La bella e il mostro [!], der früheren Fassung des unveröffentlichten Einakters Castel Smeraldo.
Die interessante dramaturgische Neuerung ist jetzt, zu Beginn der 40er Jahre, jedoch, daß das Sänger-Ungeheuer im Regieren (arte di governare) [63] unterrichtet wird. Diese Bezugnahme auf die unkünstlerische politische Welt, das Außen, von dem sich der Künstler eigentlich zurückziehen will, könnte ein Hinweis darauf sein, daß ein solcher Rückzug letzten Endes nicht möglich ist. Die Läuterung des zwischendurch aus dem Traum erwachten und dann wieder zum Träumen und Gefangensein verurteilten Prinzen besteht in der Erkenntnis der eigenen Gefährlichkeit, der latenten Gewaltbereitschaft, die im Wachtraum hervortrat. Aus dieser Erkenntnis («Ich war vielleicht ein schlafender Löwe [...]» [64]) erwächst erst die Verantwortung im Umgang mit Macht, die der König dem Sohn übertragen wird.
Die schon vom früheren Musiktheater Malipieros her bekannten Größen Gefangenschaft und Freiheit, Gewalt und Tod, werden jetzt einem durchaus politischen Stoff übertragen, deuten also über die reine Künstlerfigur Malipiero hinaus. Möglicherweise hat sich der Komponist hier noch einmal eine symbolisch-theoretische Auseinandersetzung mit den Konstanten der Favola del figlio cambiato geschaffen - ein Thema, mit dem er noch nicht ganz abgeschlossen hatte, und gleichzeitig eine persönliche Kränkung (s.o.), die er offenbar (das belegen einige Briefe) bis dahin noch nicht verwunden hatte. Dies wäre, wenn auch sehr zurückhaltend und verschlüsselt, als Botschaft an das Regime zu verstehen - vielleicht sogar als fatalistische Erkenntnis, daß der «schlafende Löwe» (s.o.) schon geweckt wurde.
In der musikalischen Darstellung gibt es eine Parallele zu den Quattro vecchie canzoni: die Begleitung der Naturgewalten (die in La vita è sogno als unglücksbringende Vorzeichen geschildert werden) besteht auch hier aus schnellen rauhen, schmucklosen Ostinati:
Ähnlich ist die, Untermalung des dritten Madrigals, in dem der Kriegsgott Mars besungen wird. [65] Für einige dieser Momente könnten die Quattro vecchie canzoni eine Vorstudie gewesen sein. Die Anspielung auf den Krieg durch die Erwähnung von Ungeheuern und Naturgewalten kann als Anleitung zum Verständnis weiterer Werke dienen: Vergilii Äeneis (1943 -44) [66] und I capricci di Callot (1942).
Ein anderer Topos, der in Malipieros Musiktheater wiederkehrt, ist die Figur des Blinden, die außer in Le sette allegrezze d'amore und den Sette canzoni auch in den Metamorfosi di Bonaventura [67] sowie ansatzweise in einigen weiteren Opern (z.B. Ecuba und Mondi celesti e infernali) vorkommt. Über die konkrete Blindheit, das verlorene Augenlicht, hinaus leiden Malipieros Figuren oft sehenden Auges an einer Blindheit im übertragenen Sinn, dem Nichterkennen der eigenen Situation. Die Befreiung aus dieser Blindheit (die ja auch der blinde Gitarrenspieler in I vagabondi erfährt) ist ein musikalisch begleiteter Erkenntnisprozeß. Pantea viele Figuren der Sette canzoni, Filomela, der Wanderer in Merlino mastro d'organi, der Hoffnungslose (il disperato) in Torneo notturno u.a. gewinnen diese musikalisch vermittelte Erkenntnis und verwandeln sich. Manchmal steht diese Verwandlung an der Schwelle des Todes (Pantea, Filomela). Viele dieser Figuren stellen als Sänger auch eine Künstlerfigur dar, die man als symbolisches Spiegelbild des Komponisten Malipiero auffassen kann. Wenn man auch hier den Blinden, «der diese allegrezze erzählt hat» (quale ha dette queste allegrezze), als eine von vielen Selbstdarstellungen Malipieros sieht, dann muß man sich fragen, ob auch hier mit dem signifikanten Wechsel des musikalischen Materials am Schluß, mit der Enthüllung der eigenen Blindheit, eine Art Bewußtseinsschub einsetzt, der die Figur aus der bisherigen Handlung heraushebt und in einen anderen existenziellen Zusammenhang stellt (wie z.B. auch Pantea).
Interessant ist, daß mit dem Moment musikalisch vermittelter Erkenntnis - dem plötzlichen Materialwechsel - bei Malipiero oft ein Moment der Trauer einhergeht. Kennzeichen einer solchen angedeuteten Trauermusik sind die scharfen rhythmischen Punktierungen, ein «schweres» (pesante) Baßfundament, i.d.R. aus Quint-/Quartschichtungen, in langsamen Notenwerten, als Tempobezeichnung oft Lento - hier: Lento (triste) - und, als Ausdruck des Materialwechsels, eine «verzerrte» melodische Linie mit übermäßigen Sekundschritten. So z.B. bei Pantea: Im Moment der Erkenntnis, als Pantea die Tür nach draußen öffhet und die «schwarze Figur» erblickt, setzt eine Art Trauermarsch (la danza della propria morte) ein, Tempobezeichnung: Lento, molto triste [68] an den sich eine ähnlich verzerrte Melodie (Un poco pesante [69] im scharf punktierten Rhythmus anschließt. Das Intervall der übermäßigen Sekunde taucht in der chromatischen Wendung nicht auf, wird aber (indirekt) melodisch umschrieben.
Ähnlich im Rhythmus ist der Trauermarsch, den der buttafuori am Schluß von Torneo notturno ankündigt, und auch die Tempobezeichnungen (Lento, triste assai, später Un poco pesante [70] passen in das Muster, die Melodik bleibt jedoch diatonisch:
Dem gleichen die letzten Takte von Ecuba (1940) mit der Tempobezeichnung Lento und der mehrmals umschriebenen übermäßigen Sekunde. Als baßbetonter Lento-Abschnitt ist auch der Augenblick des Erwachens des principe in La vita è sogno komponiert. Das Erwachen geht mit der Erkenntnis des neuerlichen Gefangenseins einher [71]. Das Moment der Trauer beherrscht auch den vierten Satz (Lento) von Malipieros zweiter und (ebenfalls Lento) dritter Sinfonie. In der dritten Sinfonie mit dem Untertitel delle campane gibt es einen charakteristischen «Trauermarsch»-Abschnitt mit einer Melodie im doppelt punktierten Rhythmus über einem "schweren" Fundament aus Quint-/Quartschichtungen, allerdings diesmal in c-moll:
War im Musiktheater die Erklärung für das Idiom der Trauer in der Handlung zu suchen, so muß man hier dagegen auf andere Hinweise, z.B. biographische Informationen, zurückgreifen. In der Erklärung., die Malipiero selbst gibt, ist wiederum die Trauer Reaktion auf eine Erkenntnis: «Die dritte Sinfonie (von den Glocken) ist mit einem schrecklichen Datum verbunden, dem achten September 1943 [Tag der Verkündung des italienisch-alliierten Waffenstillstands]. Am Abend dieses unvergeßlichen Tages läuteten die Glocken von San Marco, aber sie konnten den nicht täuschen, der ihre wahre Stimme kannte. Sie läuteten nicht für den Frieden, sondern um neues Leiden, neue Ängste anzuktindige.» [72]
Den Trauerglocken [73] und den Stiefeln der deutschen Marschkolonnen, die in der Lagune widerhallen (s.o., Zitat) ging im dritten Satz (Vivace) eine unbeschwerte Karnevalsstimmung im «reinen», «weißen» C-Dur-Tonmaterial voraus. (Ganz ähnlich wie früher in der sogenannten Sinfonie in schwarz und weiß in der siebten der Sette canzoni.) Die Gegenüberstellung der hellen Glöckchen des Karnevals (Celesta, Glockenspiel, Triangel, Klavier, Harfe) mit den dunklen Glocken der Trauer (Kontrabässe, Klavier, Tamtam usw.) läßt sich als Kontrastprinzip (im Sinne einer allgemeinen Dramaturgie) auf die beinahe gleichzeitig beendeten Sette allegrezze übertragen, da es nicht nur im dramaturgischen Ansatz, sondern auch im musikalischen Material Ähnlichkeiten gibt. Den Hinweis auf den Karneval gibt in diesem Fall das von Malipiero vertonte Gedicht selbst.
Wie weitgehend aber abstrakte musikalische Momente, wie etwa das beschriebene Moment der Trauer, mit einem konkreten außermusikalischen Inhalt gefüllt werden sollten, muß der Hörer selbst entscheiden. Es ist fraglich, ob die außermusikalische Erklärung, die Malipiero in einem Fall (der dritten Sinfonie) gegeben hat, auf andere Werke, insbesondere des Musiktheaters, übertragen werden kann.
Allerdings bleiben die allgemeinen Konstanten (Karneval, Glocken, Gefangenschaft, Blindheit, Tod, Trauer) in Malipieros Musik für lange Zeit bestehen. Beide Werke, die Sette allegrezze und die dritte Sinfonie, außerdem auch die fünf Jahre davor entstandenen Quattro vecchie canzoni, wurden in der Karnevalszeit komponiert bzw. beendet. Die groteske Verbindung von Karnevalszeit und Maskerade mit Tod, Schrecken, Zerstörung, Banalität kommt in verschiedenen Spielarten in den Sette canzoni, La mascherata delle principesse prigioniere, La morte delle maschere, I corvi di San Marco und späteren Werken (La vita è sogno, I capricci di Callot) vor. Die Umschreibung von grotesker (schaurig-komischer) Karnevalsatmosphäre auf das 20. Jahrhundert gehört zu Malipieros genialer Methode der indirekten Darstellung musikalisch-thematischer Sachverhalte.
Die Bekämpfung des Horrors durch seine übertriebene Darstellung als Mittel der kollektiven Daseinsbewältigung entstand als Idee Lorenzo de' Medicis und gelangte im kriegsgeschüttelten Florenz des ausgehenden 15. und beginnenden 16. Jahrhunderts zur Blüte. Die vordergründigen Bußgesänge und Selbstdarstellungen der Handwerkerzünfte, die hintergründig, in einem zweiten Sinn, Obszönitäten enthüllten, waren charakteristisch für diese besondere Karnevalsatmosphäre. Das Fortschreiben dieser Denkweise in neue Kriegszeiten scheint Malipieros Anliegen gewesen zu sein. Dies nimmt sich im 20. Jahrhundert wie ein Gesang hinter der Maske aus. Will man in der Zeit des Krieges von der Liebe singen, so kann man, soll die eigene Kunst wahrhaftig bleiben, dies nur maskiert tun: in Gestalt eines historisch deplazierten antiken Helden, einer allegorischen Figur, eines Vogels, eines Narren oder eines blinden Sängers. Dadurch manifestiert sich der Gesang insgesamt als ein Zeichen äußerer Tragik des Künstlers und seiner Kunst, die Abbild einer tragischen, rätselhaften und fremdartigen Wirklichkeit ist.

NOTE

[1] Meir Michaelis: Mussolini and the Jews. German-Italian Relations and the Jewish Question in Italy 1922-1945. London/Oxford: «The Institute of Jewish Affairs» - The Clarendon Press 1978, S. 277, Fn.

[2] A.a.O., S. 279.

[3] Ebenda.

[4] A.a.O., S. 279 f.

[5] A.a.O., S. 285.

[6] Endnotiz: Venezia, 18 febbraio MCMXXXX. - Gian Francesco Malipiero: Quattro vecchie canzoni per una voce e sette istrumenti. Partitur (Reproduktion des Autographs). - Milano: Suvini Zerboni 1940. - S. 24.

[7] Ebenda.

[8] Michaelis, a.a.O., S. 285.

[9] Wochenbericht «Meldungen zur Lage in Italien» des SS-Gruppenftihrers Wilhelm Harster für die Zeit vom 22. bis 29. Januar, auszugsweise abgedruckt in: Europa unterm Hakenkreuz. Bd. 6: Die Okkupationspolitik des deutschen Faschismus in Jugoslawien, Gnechenland, Albanien, Italien und Ungarn (1941-1945). - Berlin|Heidelberg: Hütlüg 1992, S. 395 bis 396.
[10] So der Titel von Mellinis Memoiren: Guerra diplomatica a Salò. - Cappelli, 1950. - Zitiert nach F. W. Deakin: The last days of Mussolini. - Middlesex (GB): Penguin 1962|66, S. 332.

[11] Michaelis, a.a.O., S. 405; Deakin, a.a.O., S. 252 ff.

[12] Endnotiz: Venezia, 14 Febbraio 1945. - Gian Francesco Malipiero: Terza Sinfonia. Partitur. - Milano: Suvini Zerboni 1947. - S. 70.

[13] Endnotiz: Venezia, 16 febbraio 1945. - Gian Francesco Malipiero: Le sette allegrezze d'amore (da Lorenzo de' Medici) per una voce e 14 istrumenti. Partitur (Reproduktion des Autographs). - Milano: Suvini Zerboni 1946. - s. 18.

[14] Tagesmeldung der Wehrmachtsführung vom 20. Februar 1945. - In: Die geheimen Tagesberichte der deutschen Wehrmachtsführung im Zweiten Weltkrieg 1939-1945. (Aus den Akten im Bundesarchiv| Militärarchiv Freiburg i. Br.; Hg. Kurt Mehner) Bd. 12: 1. Januar 1945 - 9. Mai 1945. - Osnabrück: Biblio 1984, S. 199 bis 201. - S. 199.

[15] S. Europa unterm Hakenkreuz, Bd. 6, S. 410.

[16] Michaelis, a.a.O., S. 406.

[17] Ebenda.

[18] Tagesmeldung der Wehrmachtsführung vom 28. April 1945, a.a.O., S. 409.

[19] I musicisti che nel 1940 non erano minacciati direttamente non si mossero, ma a poco a poco son venuto a trovarsi bloccati nelle vicinanze dei fluttuanti campi di battaglia. [Gian Francesco Malipiero: Risveglio: primavera 1945. - In: Il filo d'Arianna. Saggi e fantasie. - Torino: Einaudi 1966, S. 128 bis 135. - S. 133.]

[20] «Ventitrè anni sono passati dal giorno in cui le campane dei comuni squillarono per la vittoria di una nascente dittatura.» Risveglio: primavera 1945, a.a.O., S. 128.

[21] Jürg Stenzl: Von Giacomo Puccini zu Luigi Nono. ltalienische Musik 1922 - 1952: Faschismus - Resistenza -Republik. - Buren: Knuf 1990. - S. 118.

[22] Ebenda.

[23] Stenzl a.a.O., S. 118 ff.

[24] So z.B. die Orts-|Zeitangabe am Anfang der Oper La vita è sogno (1940|41): Senza luogo né tempo in un mondo di fantasia. - Gian Francesco Malipiero: La vita è sogno. Tre atti e quattro quadri (da Calderon de la Barca). Klavierauszug. - Milano: Edizioni Suvini Zerboni 1942. (Vor S. 1.)

[25] Michaelis, a.a.O., S. 152 ff. und 163 ff.

[26] In diesem Zusammenhang fällt auch die Datierung der veröffentlichten Werke auf: an die Jahreszahl angehängt notiert Malipiero in römischen Ziffern das Jahr der «faschistischen Ära», eine Zählung, die auf Mussolinis Machtübernahme 1922 zurückgeht. Dieses in den dreißiger und vierziger Jahren übliche Anhängsel der Jahreszahl bei Veröffentlichungen findet sich auch in Faksimile-Ausgaben von Malipiero-Partituren, so z.B. bei den Quattro vecchie canzoni (Mailand 1940), wurde also jedesmal von Malipiero selbst vermerkt. Allerdings müßten, will man Malipieros innere Einstellung beurteilen, auch die nicht veröffentlichten Manuskripte auf entsprechende Eintragungen überprüft werden.

[27] Fiamma Nicolodi: Musica e musicisti nel ventennio fascista. - Fiesole: Discanto 1984. (Briefe und andere Dokumente S. 306 ff., Dokumente zu Malipiero S. 348 bis 370.)

[28] «Sarebbe una gioia per me di collaborare alla rinascita musicale fascista e la prego di teuer presente che ho elaborato un piano completo che off-ro a lei quale testimonianza della mia grande ammirazione e con spirito francescanamente disinteressato.»
Brief Malipieros an Mussolini vom 19. April 1926, abgedruckt in: Nicolodi, a.a.O., S. 348 bis 349.

[29] Nicolodi, a.a.O., S. 358. - Vgl. Malipieros Erläuterung des Projekts: Gian Francesco Malipiero: «Dall'urlo al canto». - In: Critica Fascista (Rom), 1. April 1933, S. 136 bis 138.

[30] Nicolodi, a.a.O., S. 358.

[31] Alberto Cesare Alberti: Il teatro nel fascismo: Pirandello e Bragaglia. Documenti inediti negli archivi italiani. -Roma: Bulzoni 1974. - S, 215 f.

[32] Siehe Nicolodi, a.a.O., S. 359 ff., vgl. Stenzl, a.a.O., S. 118 ff.

[33] Nicolodi, a.a.O., S. 367.

[34] Harvey Sachs schätzt Bottai als «einen der intelligenteren und weniger gemeinen Gefolgsleute Mussolinis» ein. Harvey Sachs: Music in Fascist Italy. - London: Weidenfeld and Nicolson 1987, - S. 20.

[35] Siehe Nicolodi, a.a.O., S. 368 ff.

[36] A.a.O., S. 368.

[37] Seit Anfang September 1943. - Alberto Mantelli: Prospetto cronologico della vita e delle opere di Gian Francesco Malipiero. - In: «L'approdo musicale» 3 (H. 9, Januar-März 1960), S. 163 bis 204. - S. 194.

[38] Mantelli, a.a.O., S. 195.

[39] Luigi Nono: Erinnerung an zwei Musiker. (Zuerst unter dem Titel Ricordo di due musicisti, in. «Cronache musicali Ricordi», 1973, Nr.3, S. 1 bis 3) - In: Luigi Nono. Texte. Studien zu seiner Musik. (Hg. Jürg Stenzl) -Zürich/Freiburg: Atlantis 1975, S. 175 bis 176. - S. 175.
[40] «Les allemands ont invahi l'Italie. J'ai entendu le bruit de leurs pas, de leurs lourdes bottes annoncer la mort les martyrs. Les cloches effaçaient tout cela; elles creaient un état d'âme spécial. Voilà ma Troisième Symphonie écrite dans un des moments les plus terribles: fin de l'année 1944 et commencement de l'année 1945! Avez-vous jamais entendu, de la lagune, Venise toute vibrante de ses cloches? Elle devient un grand instrument de musique...» (Gian Francesco Malipiero: Brief an Alois Mooser, zitiert nach Mantelli, a.a,O., S. 195.)

[41] Hartmann notierte auf dem Titelblatt seiner Musik der Trauer (1939, Erstfassung des 1959 bei Schott veröffentlichten Concerto funebre): «Allen brüderlich gesinnten Menschen / droht der größte Wahnsinn / das gemeinste Verbrechen: / der Krieg.» Das Autograph der Partitur wird in der Städtischen Musikbibliothek München aufbewahrt (D-Msm, M. 1214).

[42] «Ispirato da questa guerra "le pause del silenzio" non avrebbero potuto esprimere che il terrore, la morte». - G. F. Malipiero: Risveglio: primavera 1945, a.a.O., S. 132.

[43] HS [Harvey Sachs]: What was the attitude of the musicians of the 'Generation of 1880' towards fascism?
GP [Goffredo Petrassi]: «Virtually all of them went along with it. In what spirit? Each according to his own personality. [...] Malipiero was the most petulant. He wrote letters to everyone, complained about not being played and about being misunderstood, and was always asking for help. I know this because, during my ten months at the Ministry, Malipiero was constantly applying to De Pirro. Perhaps in a slightly ironic vein, but also with a great deal of hysteria.»
Sachs, a.a.O., S. 145.

[44] «Pur vivendo preoccupati per le sorti della nostra civiltà, si tentava di reagire immaginando grandi imprese. Navigamo coi nostri eroi verso spiagge che esistevano solo nella nostra fantasia e c'incontrammo con Enea, con Didone.» G. F. Malipiero: Risveglio: primavera 1945, a.a.O, S. 132 f.
[45] Lento, non troppo.: G. F. Malipiero: Sette canzoni. Autographe Partitur, S. 1 (die Partitur wird bei J. & W. Chester Ltd., London, aufbewahrt); Lento, non troppo però: G. F. Malipiero: Quattro vecchie canzoni. Partitur, Faksimile des Autographs. - Milano: Edizioni Suvini Zerboni 1940. - S. 1.

[46] Regieanweisung, Partitur, S. 1.

[47] «il fosco periodo romano (1916-20)» - Gian Francesco Malipiero: La Cornacchia di Asolo (a Mario Labroca). - In: Il filo d'Arianna, a.a.O., S. 136 bis 155. - S. 144.

[48] «Nel 1914 la guerra sconvolse tutta la mia vita che, fino al 1920, fu una perenne tragedia.» - Kommentar Malipieros zu Le pause del silenzio, abgedruckt in: L'opera di Gian Francesco Malipiero. - Treviso: Canova 1952. -S.224.

[49] Beispiele wären die Sonata a tre (1926/27) oder das Concerto di concerti, ovvero dell'uom malcontento (1959/60).

[50] «Di fuori imperversa un uragano di ferro e di fuoco» (einleitende Regieanweisung). - G. F. Malipiero: Pantea. Dramma sinfonico. Klavierauszug (vierhändig). - London: Chester 1920. - S. 1.

[51] «[...] dieses Drama stellt den Alptraum des Rückzugs von Caporetto dar (1917), dem ich mit soviel Entsetzen gegen meinen Willen beiwohnen mußte.»
«[...] questo dramma rappresenta l'incubo della ritirata di Caporetto (1917) che a tanti orrori mi fece mio malgrado assistere. - Gian Francesco Malipiero: La Cornacchia di Asolo, a.a. 0., S. 139.
[52] Vgl. Gian Francesco Malipiero: Orfeo ovvero l'ottava canzone. Klavierauszug. - London/Genf: Chester 1922. - S. 35ff

[53] «Usignuolo sì - ma merlo, ma merlo no.» - G. F. Malipiero: Tre commedie goldoniane III. Le baruffe chiozzotte. Partitur. - Milano: Ricordi 1923. - S. 12.

[54] Le aquile di Aquileia, erster Teil der Musiktheater-Trilogie Il mistero di Venezia, 1928.

[55] I corvi di San Marco, dritter Teil der Trilogie Il mistero di Venezia und Del corvo e sua madre aus Cinque favole (Singstimme und kleines Orchester), 1950.

[56] La fenice, dritter Teil von Filomela e l'Infatuato (Musiktheater), 1925.

[57] Musiktheater, 1940-41.

[58] «L'uccello nasce, e le penne son fiori, mazzi di fiori le ali. Meravigliosamente vestito esce dal nido e taglia col suo volo leggero lo spazio. Ed io che ho un'anima sono prigioniero. - G. F. Malipiero: La vita è sogno. (Klavierauszug), a.a.O., S. 10 f.

[59] So auch Chaim/Nono: «Dico addio a tutti e piango.» - Luigi Nono: Il canto sospeso. Studienpartitur. - Mainz: Ars-Viva-Verlag 1957, S. 49 f. - Nach allen grotesken Verwicklungen erreicht auch die Orpheus-Figur am Schluß der Trilogie L'Orfeide diesen Stand: «correte, o lagrime [...]» - G. F. Malipiero: Orfeo ovvero l'ottava canzone. Klavierauszug. -London/Genf. Chester 1922, S, 43. (Die enge Verwandtschaft der Musik mit dem Weinen betonte auch Theodor W. Adorno: Philosophie der neuen Musik. - Frankfturt: Suhrkamp (5. Aufl.) 1989, S. 122.)
[60] «Anche ieri vidi tutto come ogni io vedo ed era un sogno.» und «Accetto di vivere questo nuovo sogno.» - La vita è sogno, Klavierauszug, a.a.O., S. 123 f. und S. 127.

[61] Klavierauszug, a.a.O., S. 18.

[62] «[...]m'accorsi allora d'aver generato un mostro.» - Klavierauszug, a.a.O., S. 37.

[63] Klavierauszug, a.a.O., S. 18.

[64] «Io ero forse un leone addormentato [...]» - Klavierauszug, a.a.O., S. 130 f.

[65] Klavierauszug a.a.O., S. 62 ff.

[66] Vgl. Kommentar Malipieros in: G. F. Malipiero: L'armonioso labirinto. Teatro da musica 1913-1970. [kommentierte Librettosammlung] - Venezia: Marsilio 1992, S. 295.

[67] «[...] das Element das in der Medici-Canzone lediglich den Zweck der Komik hat erfährt zu seinem Bedauern den tragischen Reflex einer Daseinsbedingung, die sich im Theater Malipieros - vom Blinden der Sette canzoni zum Bonaventura im dritten Bild der Metamorfosi - nach und nach in der topischen Figur des Blinden kristallisiert.
«[...] l'elemento che nella canzone medicea ha uno scopo semplicemente comico, subisce suo malgrado il riflesso tragico di una condizione esistenziale che nel teatro di Malipiero - dal cieco delle Sette canzoni al Bonaventura del terzo quadro delle Metamorfosi - viene via via cristallizzandosi nella figura topica del cieco.
Laura Zanella: Quasi come le «Sette canzoni». [Zu den Texten der Sette allegrezze und der Quattro vecchie canzoni] - In: Isolamenti 1938-1945. [Programmheft zum Veranstaltungszyklus über Musik während des Krieges, Venedig, Padua, Treviso u.a., 4. Dezember 1995 bis 26. März 1996], S. 40.

[68] G. F. Malipiero: Pantea. Dramma sinfonico. Klavierauszug zu vier Händen. - London: Chester 1920. - S. 56.

[69] A.a.O., S. 57.
[70] G. F. Malipiero: Torneo notturno. Sette nottuni. Klavierauszug. - Berlin: Bote & Bock 1930. - S. 110 u. 112.

[71] Klavierauszug, a.a.O., S. 92 f.

[72] «
La Terza sinfonia (delle campane) è legata a una data terribile, all'otto settembre del 1943. Al tramonto di quel giorno indimenticabile, le campane di S. Marco suonarono, ma non poterono ingannare chi conosceva la loro vera voce. Non squillavano per la pace, ma per annunziare nuovi tormenti, nuove angosce.» - Kommentar Malipieros zur dritten Sinfonie, in: L'opera di G. Francesco Malipiero. - Treviso: Canova 1952, S. 233.

[73] Auch in La vita è sogno werden, zu Beginn des dritten Aktes, die Glocken als Todesverkünder interpretiert. (Klavierauszug, a.a.O., S. 93.)