Agnes Baltsa
Despina, die Agnes Baltsa in Zürich als Rollendebüt singt, macht ihrem Namen alle Ehre (spina, der Dorn). Theaterhistorisch gehört sie zum Dienerpersonal der Commedia dell'arte. In ihrem Auftrittssolo wettert sie über ihr hartes Schicksal als Bedienstete - ein Leben voller Plackerei; und geniessen dürfen die Früchte ihrer Arbeit die anderen. Bei Mozart avanciert sie zur mit allen Wassern gewaschenen Vertrauten der beiden Schwestern, die ihre schlaue Lebensphilosophie direkt aus ihrem reichen Schatz an Erfahrungen schöpft. Im ganzen Spiel treibt sie hauptsächlich die Motivation, den zwei Strohwitwen Fiordiligi und Dorabella die Melancholie zu vertreiben und ihnen die Freude am Geniessen des Augenblicks zu vermitteln. In ihrer hochdidaktischen Arie «In uomini, in soldati» wendet sie das komplette Register von Vorurteilen gegenüber Frauen gegen die Männer und dreht damit ironisch den Spiess um. Mit Hilfe mehr oder weniger raffinierter Kunstgriffe ermutigt sie die beiden Mädchen, die Erfahrung neuer Empfindungen zuzulassen. Dass die Mädchen aber gleich ihr ganzes Herz investieren, war in Despinas Programm nicht einkalkuliert.
Ihre Reife, ihre natürliche Intelligenz und ihr weiblicher Einfluss auf die jungen Frauen machen sie zu einem starken Gegenpart von Don Alfonso.
Der treibt sein zynisches Spiel, ohne die Konsequenzen zu bedenken und nur um des Beweises seiner Theorie willen, mit den beiden Brautpaaren genauso wie mit Despina. Um seinen 24-Stunden-Plan nicht zu gefährden, muss der in Nüchternheit verbitterte Don Alfonso sich ironischerweise ausgerechnet auf den Treueschwur einer Frau, Despina, verlassen, um die Treueunfähigkeit der Frauen zu beweisen.