LA VITA MUSICALE DI HELSINKI

STUCKENSCHMIDT, pp. 18-19

Die finnische Hauptstadt begann sich damals unter dem Einfluss einiger jüngerer Musiker künstlerisch zu regen. 1882 hatte der Dirigent Robert Kajanus die «Helsingfors-Orkesterförening» und Martin Wegelius das «Helsingfors-Musikinstitut» gegründet. Kajanus finanzierte und organisierte mit Hilfe seiner Vereinigung das Philharmonische Orchester und 1885 eine praktische Orchesterschule für den finnischen Musikernachwuchs. Mit den älteren finnischen Chören brachte Kajanus 1888 Beethovens Neunte Symphonie zur finnischen Erstaufführung. Zu den Schülern, die Wegelius an seiner Hochschule ausbildete, gehörte auch der I86S geborene Jan Sibelius.
Nach stürmischer Seefahrt, von Lübeck bis Helsingfors drei Tage und drei Nächte, erreichte Busoni mit seinem Neufundländer «Lesko» die unbekannte nordische Stadt. Wegelius holte ihn am Hafen ab und bewies ihm vom ersten Tage an eine Freundschaft, die den einsamen jungen Italiener über manche Schwierigkeiten des Lebens in der völlig fremden Umgebung tröstete. Sein Wunsch, die Mutter solle mit ihm in Helsingfors leben, war unerfüllt geblieben; nach anfänglicher Zusage entschloß sie sich, in Italien zu bleiben. Seine Tätigkeit am Konservatorium bestand darin, täglich vier Stunden lang mittelmäBig begabte Schüler, überwiegend junge Mädchen, Clementi und Cramer spielen zu lehren. Seine Persönlichkeit wirkte in der nordischen Umgebung faszinierend, so daß er auch als Privatlehrer in finnische Häuser kam. Unter seinen männlichen Schülern war ein um dreiJahre älterer Schwede namens Adolf Paul. Er wandte sich später der Literatur zu, gab Briefe und Erinnerungen August Strindbergs heraus und hatte, namentlich in Deutschland, mit seinen Komödien«Hille Bobbe» und«Der Triumph der Pompadour» große Erfolge. Paul, der lange in Berlin lebte und dort 1943 gestorben ist, schilderte Busonis Auftreten als Nachfolger eines deutschen Professors, der seinen Schülern auf den Handrücken ein Glas Wasser stellte und von ihnen verlangte, daß sie damit spielten, ohne einen Tropfen zu verschütten. «Nach ihm kam Busoni. Ein kleiner, schlanker Italiener mit hellEraunem Vollbart, grauen, lebhaften Augen, lustig und übermütig, mit einem langen, grauen Schossrock und einer glattsitzenden Reisekappe bekleidet und stets von einem riesigen Hund Lesko begleitet, der beim Unterricht neben dem Klavier auf dem Podium lag und uns aus seinen großen Augen ernst anblickte, so daß wir uns wohl hnteten, falsch zu spielen.»
Paul schildert das homerische Lachen Busonis, wenn er an die Wassergläser seines Vorgängers dachte. Er beschreibt auch die Ehrfurcht vor dem etwas jüngeren Professor, der sich aber außerhalb des Konservatoriums in einen Kameraden für tolle Streiche verwandelte.