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22.04.2001 | 22:25

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Giuseppe Sinopoli
Ein Leben für die Musik

Giuseppe Sinopoli

 

Giuseppe Sinopoli - ein Leben für die Musik

Der italienische Dirigent Giuseppe Sinopoli ist tot. Der 54jährige war am Freitagabend während einer Aufführung an der Deutschen Oper an Herzversagen gestorben. Sinopoli war noch im Orchestergraben von Notärzten versorgt worden, doch auch bei seiner sofortigen Behandlung im Herzzentrum nicht mehr aufgewacht.

Am Samstag legten Musikfreunde Blumensträuße an der Dresdner Semperoper nieder, an der Sinopoli langjähriger Chefdirigent der Sächsischen Staatskapelle Dresden war.

Sinopoli galt als der Intellektuelle am Pult. Sein Wuschelkopf und seine Nickelbrille waren unverwechselbar. Er war der Bildungsbürger, der Alleskönner.

Der 1946 in Venedig geborene Giuseppe Sinopoli studierte zunächst Medizin und spezialisierte sich in Padua auf Psychiatrie. Gleichzeitig studierte er Orgel am Konservatorium seiner Heimatstadt. Schon früh schlug er kulturelle Brücken nach Deutschland, indem er 1968 in Darmstadt, dem Zentrum für zeitgenössische Musik, bei Karl-Heinz Stockhausen und Györgi Ligeti Kompositionskurse belegte. Seine Oper „Lou Salome“ wurde in München uraufgeführt. Nach dem Debüt als Dirigent der "Aida" 1976 in Venedig gelang ihm der internationale Durchbruch 1980 mit einer aufsehenerregenden Aufführung von Verdis Frühwerk "Macbeth".

Seine Weltkarriere als Dirigent leistete er mit kulinarischem Repertoire, mit Wagner und Mahler, mit Verdi und Puccini. Er war ein Einzelgänger, der als Kopfmensch beargwöhnt und als Ausnahmekünstler bewundert wurde.

„Aus meiner Erfahrung kann ich sagen: er war unglaublich großzügig und warmherzig. Er war in einzigartiger, wunderbarer Mensch, mit all seinem medizinischen Wissen und seiner Neugierde an geologischen Themen, mit seinem intellektuellen Fundus. Und er hat interessante Gedanken und interessante Konzepte in die Musik eingebracht.“ (Kent Nagano/ Chefdirigent Deutsches Symphonie-Orchester Berlin)

Ich glaube, er war einer, der sehr viel nachgedacht hat, bevor er angefangen hat zu arbeiten und das hat man seiner Arbeit sicher auch angemerkt.“ (Franz Xaver Ohnesorg/ designierter Intendant Berliner Philharmoniker)
 

Giuseppe Sinopoli

 

Für den international anerkannten Musiker wurde Italien bald zu eng: Seit 1985 dirigierte er regelmäßig in Bayreuth. In Dresden, wo er seit 1992 die Staatskapelle leitete, sollte er ab 2003 als Generalmusikdirektor fungieren.

In Berlin hat seine Dirigentenkarriere begonnen. In Dresden hat er der Sächsischen Staatskapelle wieder zu internationalem Ansehen verholfen. Sinopoli verströmte Sympathien, aber auch Antipathien. Ein schmerzliches Missverständnis, wie er meinte.

Ich bin ein gebildeter Mensch, nicht ein Intellektueller. Aber ich bin kein kalter Mensch. Das ist nur so eine kleine Rache der Journalisten und von manchen neidischen Menschen, die da versuchen, das kleiner zu machen, was eigentlich anders ist.“ (Giuseppe Sinopoli, 1995)

„Er war ein Mann des Südens, der im Norditalien aufgewachsen ist. Er hatte also gemischte Wurzeln, und die brachten eine gewisse unterschwellige Arroganz mit sich. Vielleicht, weil er immer das Gefühl hatte, als Außenseiter betrachtetet zu werden. Er war ein Mann, der das Scheinwerferlicht suchte. Aber ich glaube, er hatte das Recht dazu.“ (Ruggero Raimondi/ Opernsänger)

Sinopoli war vernarrt in die Natur und von faustischem Wissensdrang. Wann immer er Zeit hatte, tauchte er ein in Vor- und Frühgeschichte. Ein Spurensucher. Erst vor wenigen Monaten beendete der Spezialist für Giuseppe Verdi und Richard Strauss, für Gustav Mahler und Alban Berg das Studium der Archäologie. Seine vielfältigen Interessen ließen ihn sogar die Zeit finden, das staatliche Orchester von Venezuela mit Kindern aus den Favelas auszubilden.

Er war ein sehr umfassend gebildeter Mensch. Er hat eine große Liebe zur Archäologie und er hatte eine wunderbare Vasensammlung. Er hing unheimlich an seiner Vasensammlung und er wollte sie mir immer zeigen. Aber dazu kam es nun leider nicht mehr.“ (Franz Xaver Ohnesorg/ designierter Intendant Berliner Philharmoniker)

„Ich möchte sagen: in unserer Welt der Musik brauchen wir große Persönlichkeiten. Und ich glaube, wir haben gerade einen solchen Menschen verloren.“ (Kent Nagano/ Chefdirigent Deutsches Symphonie-Orchester Berlin)
 

Interview
Homepage Giuseppe Sinopoli
Homepage Semperoper
Der Tod von Giuseppe Sinopoli stürzt den deutschen Musikbetrieb in eine Krise. In Bayreuth sollte er den Ring dirigieren. In Dresden hatte man ihn gerade bis 2007 engagiert. Nach der Aufführung des gesamten Wagnerschen Rings in Bayreuth im vergangenen Jahr wollte er nun die Kontakte zu den Wiener Philharmonikern intensivieren. An der Mailänder Scala hätte er im Juni Giacomo Puccinis "Turandot" dirigieren sollen. Den Taktstock noch in der Hand, hat ihn mit 54 Jahren der Tod erfasst. Sinopoli wird in Rom beigesetzt.

Buchtipps:
Sinopoli, Giuseppe:
Parsifal in Venedig.
Claassen, Hildesheim, 2001.
ISBN: 3546002520
DM 36,00

Meisterwerke griechischer Keramik aus der Sammlung Giuseppe Sinopoli.
v. Zabern, Mainz; 2000.
ISBN: 3805327285
DM 29,80

CD - Tipps:
Bizet, Gesamtaufnahme
(Aufnahme Germering, Dezember 1995) [BOX SET], Dirigent Giuseppe Sinopoli
Audio CD: (CD Anzahl: 3)
Label: Teldec (TIS/Warner Vertrieb), 1996
ASIN: B000000S8P
DM 100,99

Stabat Mater
Audio CD: (CD Anzahl: 2), Dirigent Giuseppe Sinopoli
Erscheinungsdatum: 12. März 2001
Label: Deutsche G (Universal Vertrieb)
ASIN: B00005A83D
DM 32,99
 

 

 Montag, 10. März 2003

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