Doktor Faust
Ferruccio Busoni
Oper in zwei Vorspielen, einem Zwischenspiel und drei Hauptbildern
Text vom Komponisten
Erstaufführung in der vom Komponisten hinterlassenen fragmentarischen Form
Koproduktion mit der San Francisco Opera
Musikalische Leitung: Lothar Zagrosek
Inszenierung und Dramaturgie: Jossi Wieler und Sergio Morabito
Bühne und Kostüme: Anna Viebrock
Lightdesign: David Finn
Chor: Michael Alber
Busoni wird 1866 in Empoli bei Florenz als Sohn eines italienischen
Klarinettenvirtuosen und einer deutschen Pianistin geboren. Seinen ersten
Auftritt bestreitet das klavierspielende und komponierende Wunderkind mit
sieben. Den Virtuosen, der sich als Nachfolger Liszts und Rubinsteins zu
etablieren vermag, führen Konzertreisen durch die ganze Welt, Professuren
haben zeitweilige Niederlassungen in Helsinki, Moskau und Boston zur Folge.
Der sich der deutschen Kultur verpflichtet fühlende Kosmopolit wählt 1894
Berlin zu seinem Wohnsitz, wo er eine intensive pianistische, dirigentische,
kompositorische, editorische, schriftstellerische und pädagogische Tätigkeit
entfaltet, bei fortgesetzten zahlreichen Auslandstourneen. Seine erste Oper
Die Brautwahl
nach E.T.A. Hoffmann wird 1912 in Hamburg uraufgeführt. Nach Ausbruch des
ersten Weltkriegs zieht er zunächst wieder nach Amerika, dann nach Zürich,
wo 1917 die Uraufführung der beiden Einakter
Turandot und
Arlecchinoerfolgt.
Mit der Berufung zum Leiter der Meisterklasse für Komposition an der Akademie
der Künste kehrt er nach Berlin zurück. Aus dem Kreis von Schülern, die er
dort um sich sammelt, sollte Kurt Weill der berühmteste werden. Busoni stirbt
1924, sein »Haupt- und Staatswerk«, wie er es selber ironisch apostrophierte,
die Oper
Doktor Faust – Dokument der Faszination und Abwehr von Goethes Dichtung gleichermaßen – bleibt unvollendet.
Der Terminus hat nicht allein darum Berechtigung, weil die Erstellung
des Textbuches 14 Jahre, seine musikalische Gestaltung 12 Jahre von Busonis
Leben begleitet haben. Sondern Busoni bezog – in Ausweitung einer sehr modern
anmutenden Theorie der Bearbeitung, derzufolge jedes Notenbild bereits die
Transkription des unerreichbaren ›An sich’s‹ eines abstrakten musikalischen
Gedankens darstelle, – die musikalische Substanz aus insgesamt 24 eigenständigen
und unabhängigen Kompositionen – Klavier- und Kammermusik, Orchesterwerke,
Lieder – die er zu »Satelliten« der Faust-Oper erklärte. Mithin umspannt
deren Musik seine kompositorische Entwicklung von ihrem experimentellen Aufbruch
in der ersten Dekade des 20. Jahrhunderts bis hin zu seinem Konzept einer
‚jungen Klassizität’, mit dem er seinen sehr besonderen Standort zwischen
Tradition und Avantgarde bezog. Durch ihre vokale und instrumentale Phantasie
und die formale und satztechnische Meisterschaft, die ein heterogenes stilistisches
Spektrum vom Bänkelsängerlied bis zur insistenten sinfonischen Meditation
bruchlos zu integrieren vermag, zählt die Partitur zu den ganz wenigen kanonischen
Opernwerken des 20. Jahrhunderts. Busonis Kompositionstechnik hat auch die
höchst unkonventionelle Dramaturgie der Oper geprägt. Ihr »absichtlich lückenhafter,
scheinbar fragmentarisch gehaltener Text« (Busoni), der unter gelegentlichem
Rückgriff auf das von Karl Simrock 1846 nachempfundene
Puppenspiel vom Doktor Faust
entstand, bietet keine kontinuierlich entfaltete Narration. Wir sehen den
alternden Faust auf der Flucht vor schuldhafter Verstrickung (hier spielt
die Gretchentragödie mit hinein), verschlagen in einen eigentümlichen Zeit-Raum
zwischen Tod und Leben, wo »seine bösen Geister ihr Spiel treiben« und Aufbruchseuphorie
und Resignation, Himmel- und Höllenchöre, Hoffeste der italienischen Renaissance
und Wittenberger Studenten-Besäufnisse, die Erinnerung an die Herzogin von
Parma und die Phantasmagorie der trojanischen Helena immer wieder zur Ununterscheidbarkeit
verschwimmen. Die Schlussapotheose, die beschworene »Vollendung seines Werkes«,
in der der sterbende Faust seinem toten Kind das Leben zurückschenken sollte
– Allegorie für das Kunstwerk, in dem der Autor zu überleben hofft – hat
Busoni musikalisch nicht realisieren können. Wir präsentieren das Werk erstmals
ohne die Komplettierungsversuche von Jarnach (1925) und Beaumont (1985) in
seiner vom Komponisten hinterlassenen fragmentarischen Form.
Die Inszenierung entsteht in Kooperation mit der San Francisco Opera.
Anders als bei Alcinavon Wieler, Viebrock und Morabito, die mit dem Stuttgarter
Ensemble in den Hauptpartien dort im November 2002 zu Gast war, gibt es diesmal
zwei unterschiedliche Besetzungen. Die amerikanische Premiere dirigiert Donald
Runnicles, in Stuttgart steht Generalmusikdirektor Lothar Zagrosek am Pult.
Sergio Morabito
Termine
Premiere 07.05.2005 19:30 Uhr -
Staatsoper Stuttgart12.05.2005 19:30 Uhr -
Staatsoper Stuttgart15.05.2005 18:00 Uhr -
Staatsoper Stuttgart20.05.2005 19:30 Uhr -
Staatsoper Stuttgart23.05.2005 19:30 Uhr -
Staatsoper Stuttgart28.05.2005 19:30 Uhr -
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