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ROLF UND MARIANNE GLITTENBERG:
«DIE TOTE STADT»
VON ERICH WOLFGANG KORNGOLD


Testo pubblicato per gentile concessione della direzione della Dramaturgie
che il curatore di questa Web Site ringrazia di cuore.


© Opernhaus Zürich

Rolf Glittenbergs Bühnenbild fängt den «düsteren Eindruck», den die «Kirche des Gewesenen» laut Libretto vermitteln soll, in einem zunächst realen Raum ein, in dem sich der Kult um die Verstorbene widerspiegelt. «Gespenstig» nennt ihn Brigitta, denn wie Paul das Andenken an seine Tote pflegt, bleibt im Verborgenen. Erst mit der Erscheinung Maries offenbart das Zimmer einen weiteren Raum, den Paul in seiner Erinnerung mit Marie verbindet. Dieser Raum ist es dann auch, der sich im Traum weitet, wobei die erwähnten, auf Brügge bezogenen Ortsangaben, die zumeist begleitet sind von Naturschilderungen, im Bühnenraum atmosphärisch aufgegriffen werden, aber immer gefiltert durch die monoperspektivische Sichtweise des Traums, um die Beziehung zur Rahmenhandlung bewusst zu halten. Zudem lässt er Innen- und Aussenwelt gleicherrnassen zu, da Paul sich zu Mariettas Haus visioniert, zugleich aber nicht losgelassen wird von der übermächtigen Stimme seines Gewissens, das ihn an Marie zurückbindet. In dem Bemühen, sein Handeln zu rechtfertigen, erscheinen ihm zunächst Beghinen gleichsam als leichter milde zu stimmende Vertreterinnen kirchlicher Instanz, denen er im Traum auch Brigitta zuordnet. Klar ans Licht tritt sein sexuelles Begehren dann im Streitgespräch mit Frank, der - jetzt ein alter ego Pauls - offen ausspricht, was dieser sich nicht zugeben darf.

Verbindungen zwischen Rahmen- und Traumhandlung herzustellen, ist auch das Ziel der Kostümbildnerin Marianne Glittenberg. Ausgehend von modernen Grundkostümen, wobei sie den Beginn der Moderne um 1950 ansetzt, spiegeln sie die zunehmend schwülen und erotisch aufgeladenen Phantasien Pauls, deuten aber auch Verschiebungen, etwa die der Beghinen mit Marie, oder Überblendungen - Paul/Frank/Pierrot - bis hin zum Geschlechtertausch an, der die Erscheinung Mariettas mit ihrer Theatertruppe bestimmt. Diese Gruppe hat Paul im ersten Bild nur akustisch wahrnehmen können, da sie während Mariettas Besuch bei ihm singend an seinem Haus vorüber gezogen sind. Um so grösser ist nun die Freiheit, diese sich auch bildlich zu vergegenwärtigen, ausgelöst durch die anzüglichen Verse, die er dabei vernommen hat. Die von dieser Truppe improvisierte Probe der Auferstehungsszene aus Robert le diable mit Marietta («Es gibt ein Wiedersehen im Theater») als auferstandenen Toten provoziert den heftigsten Protest bei Paul, der mit den Worten «Du, eine auferstandne Tote? Nie!» erstmals den Gedanken zulässt, dass er sich selbst belügt, indem er zwanghaft eine Identität herstellen will zwischen Marie und Marietta über die von ihm konstatierte optische Ähnlichkeit der beiden hinaus. Ist es im ersten Bild Mariens Schal, den er der Tänzerin um die Schultern legt, so steigert sich dies im Traum soweit, dass er Marietta umbringen muss, um dann sicher zu sein: «Jetzt gleicht sie ihr ganz».